Die lebendige Reliquie. Èâàí Ñåðãååâè÷ Òóðãåíåâ Land der Dulder und der Demut, Meine Heimat, Russenerde!     F. Tjutschew Ein franz;sisches Sprichwort lautet: »Der trockene Fischer und der nasse J;ger bieten einen traurigen Anblick.« Da ich f;r die Fischerei niemals etwas ;brig gehabt habe, vermag ich nicht dar;ber zu urteilen, was ein Fischer bei gutem, heiterem Wetter empfindet und inwiefern das Vergn;gen, das ihm eine reiche Beute bei Regenwetter verschafft, die Unannehmlichkeit, na; zu sein, aufwiegt. F;r den J;ger ist aber das Regenwetter ein wahres Ungl;ck. Und von eben diesem Ungl;ck wurden wir, ich und Jermolai, betroffen, als wir wieder einmal in den Bjelewschen Kreis zur Birkhahnjagd kamen. – Vom fr;hen Morgen an wollte der Regen nicht aufh;ren. Was hatten wir nicht alles versucht, um uns vor ihm zu retten! Wir zogen unsere Gummim;ntel fast ;ber den Kopf und stellten uns unter B;ume, damit es auf uns weniger gie;e... Die wasserdichten M;ntel lie;en aber, ganz abgesehen davon, da; sie uns beim Schie;en hinderlich waren, das Wasser auf die schamloseste Weise durch; und wenn wir uns unter einen Baum stellten, so schien der Regen anfangs wirklich nicht durchzudringen, mit der Zeit aber hielt das Laub der sich ansammelnden Masse nicht mehr stand, jeder Zweig ;bersch;ttete uns mit Wasser wie aus einer Regentraufe, und die kalten Str;me drangen uns hinter den Kragen und liefen die Wirbels;ule hinab... Das war aber schon zu gemein! – wie sich Jermolai ausdr;ckte. »Nein, Pjotr Petrowitsch,« rief er schlie;lich aus, »so geht es nicht!... heute kann man nicht jagen. Das Wasser l;uft den Hunden in die Nasen; die Gewehre versagen... Pfui! So ein Pech!« »Was ist zu machen?« fragte ich. »Das will ich Ihnen sagen. – Wir fahren nach Alexejewka. Vielleicht kennen Sie es – es ist so ein Vorwerk – es geh;rt Ihrer Frau Mutter; es sind an die acht Werst von hier. Wir ;bernachten dort, und morgen...« »Kehren wir wieder hierher zur;ck?« »Nein, nicht hierher... Die Gegend hinter Alexejewka ist mir bekannt... die Birkhahnjagd ist dort viel besser als hier...« Ich unterlie; es, meinen treuen Gef;hrten zu fragen, warum er mich nicht gleich dorthin gebracht hatte, und am gleichen Tage erreichten wir das Vorwerk meiner Mutter, von dessen Existenz ich, offen gestanden, bisher keine Ahnung hatte. Auf diesem Vorwerke fand sich ein bauf;lliges, aber unbewohntes und darum reinliches H;uschen, in dem ich eine recht ruhige Nacht verbrachte. Am n;chsten Morgen erwachte ich sehr fr;h. Die Sonne war erst eben aufgegangen; am Himmel war kein W;lkchen zu sehen; alles ringsum strahlte im starken, doppelten Glanze: im Glanze der jungen Morgenstrahlen und in dem des gestrigen Gusses. – W;hrend man mir das W;gelchen anspannte, irrte ich durch den nicht sehr gro;en Garten, der einst ein Obstgarten gewesen war und jetzt, verwildert, das H;uschen von allen Seiten mit seinem duftenden, saftigen Dickicht umgab. Ach, wie sch;n war es da in der freien Luft, unter dem heiteren Himmel, in dem die Lerchen schwirrten, deren heller Gesang wie silberne Perlen niederregnete! Auf ihren Fl;geln trugen sie gewi; die Tautropfen fort, und ihre Lieder schienen von Tau benetzt. Ich nahm mir sogar die M;tze ab und atmete freudig, aus voller Brust... Am Rande einer nicht sehr tiefen Schlucht, dicht neben dem Zaune, erblickte ich einen Bienengarten; ein schmaler Pfahl f;hrte hin, sich zwischen zwei dichten Mauern von Steppengras und Brennesseln schl;ngelnd, ;ber denen die spitzen Stengel des dunkelgr;nen Hanfes ragten, der Gott wei; wie hingeraten war. Ich schlug diesen Pfad ein und erreichte den Bienengarten. Neben diesem befand sich ein kleiner Schuppen aus Flechtwerk, wie er zum Einstellen der Bienenk;rbe f;r den Winter dient. Ich blickte in die halb ge;ffnete T;r hinein: es war darin dunkel, still, trocken; es roch nach Minze und Melissen. In einer Ecke war eine Pritsche angebracht, und auf dieser lag unter einer Bettdecke eine kleine Gestalt... Ich wollte schon weitergehen... »Herr, Sie, Herr! Pjotr Petrowitsch!« rief eine Stimme, schwach, langsam und tonlos wie das Rascheln von Riedgras im Sumpf. Ich blieb stehen. »Pjotr Petrowitsch! Kommen Sie bitte her!« wiederholte die Stimme. Sie kam aus der Ecke, von der Pritsche, die ich bemerkt hatte. Ich kam n;her – und erstarrte vor Verwunderung. Vor mir lag ein lebendiges menschliches Wesen; aber was war denn das? Der Kopf war vollkommen ausgetrocknet, einfarbig, bronzen, genau wie auf einer alten Ikone; die Nase schmal wie die Schneide eines Messers; die Lippen fast unsichtbar; ich konnte nur die wei; schimmernden Z;hne erkennen, die Augen und einige d;nne Str;hnen gelblicher Haare, die unter dem Kopftuche auf die Stirn fielen. Auf einer Falte der Bettdecke neben dem Kinn bewegten sich langsam zwei winzige, gleichfalls bronzene H;nde mit spindeld;rren Fingern. Ich sehe genauer hin: das Gesicht ist nicht nur nicht absto;end, es ist sogar sch;n, doch schrecklich und ungew;hnlich. Und dieses Gesicht erscheint mir um so schrecklicher, als ich sehe, da; sich ein L;cheln vergebens bem;ht, sich darauf auf den metallenen Wangen auszubreiten. »Sie erkennen mich nicht, Herr?« fl;sterte wieder die Stimme; sie verdampfte gleichsam auf den sich kaum bewegenden Lippen. »Wie sollten Sie mich auch erkennen! – Ich bin Lukerja... Erinnern Sie sich noch, dieselbe, die bei Ihrer Frau Mutter zu Spa;koje den Reigen anzuf;hren pflegte... erinnern Sie sich noch, ich war immer die Vors;ngerin im Chor?« »Lukerja!« rief ich aus. »Bist du es? Ist es m;glich?« »Ja, ich bin es, Herr. Ich bin Lukerja.« Ich wu;te nicht, was ich darauf sagen sollte, und sah best;rzt auf dieses dunkle, unbewegliche Gesicht mit den auf mich gerichteten hellen und leblosen Augen. Ist es denn m;glich? Diese Mumie ist Lukerja, das sch;nste M;dchen in unserem Hausgesinde, die gro;e, volle, wei;e, rotwangige Lukerja, die immer lachende T;nzerin und S;ngerin! Lukerja, die kluge Lukerja, der alle jungen Dorfburschen den Hof machten und die ich als sechzehnj;hriger Junge auch selbst heimlich anschmachtete! »Lukerja, sag, was ist denn mit dir geschehen?« fragte ich sie endlich. »So ein Ungl;ck ist ;ber mich gekommen! Verschm;hen Sie mich nicht, Herr, verachten Sie mich nicht in meinem Ungl;ck, setzen Sie sich hier auf das F;;chen, n;her zu mir, sonst werden Sie mich nicht verstehen k;nnen... Sie h;ren doch, was ich jetzt f;r eine helle Stimme habe!... Wie froh bin ich, da; ich Sie wiedersehe! Wie sind Sie aber nach Alexejewk geraten?« Lukerja sprach sehr leise und schwach, aber ohne Unterbrechungen. »Der J;ger Jermolai hat mich hergef;hrt. Erz;hl mir aber...« »Ich soll Ihnen von meinem Ungl;ck erz;hlen? Gerne, Herr. – Es geschah vor langer Zeit, vor sechs oder sieben Jahren. Ich war damals soeben mit Wassilij Poljakow verlobt – Sie wissen doch, es war ein so sch;ner Bursche mit einem Lockenkopf, diente bei Ihrer Frau Mutter als Buffetaufseher... Sie waren aber damals gar nicht auf dem Gute, Sie studierten in Moskau. – Wir waren beide sehr verliebt; er wollte mir nicht aus dem Kopfe; es war aber im Fr;hling. Eines Nachts... es war schon beim Morgengrauen... lag ich schlaflos da; so s;; sang eine Nachtigall im Garten!... Ich hielt es nicht l;nger aus, stand auf und ging auf die Treppe hinaus, um zu horchen. Die Nachtigall schmettert und trillert... und pl;tzlich ist es mir, als ob mich jemand mit Wa;jas Stimme ganz leise riefe: ›Luscha!...‹ Ich schau hin, gleite wohl in meiner Verschlafenheit auf einer Stufe aus, st;rze in die Tiefe – und falle auf die Erde! Ich hatte mich wohl nicht allzusehr angeschlagen, denn ich stand bald auf und ging in meine Kammer. Aber in meinem Innern, in den Eingeweiden ist gleichsam etwas gerissen... Erlauben Sie, da; ich Atem hole... nur ein Weilchen... Herr.« Lukerja verstummte, und ich sah sie erstaunt an. Ich war haupts;chlich dar;ber erstaunt, da; sie fast lustig erz;hlte, ohne zu jammern und zu st;hnen, ohne sich zu beklagen und ohne um Mitleid zu betteln. »Von diesem Tage an«, fuhr Lukerja fort, »begann ich zu schwinden und auszutrocknen; ganz schwarz war ich geworden; es fiel mir schwer, zu gehen, sp;ter auch nur die Beine zu bewegen; ich kann weder stehen noch sitzen; m;chte immer liegen. Ich will weder essen noch trinken, es geht mir immer schlimmer. Ihre Frau Mutter hat mich in ihrer G;te den Ärzten gezeigt, hat mich auch ins Spital bringen lassen. Ich erfuhr aber keine Erleichterung. Und kein Arzt konnte mir sagen, was ich f;r eine Krankheit habe. Was sie mit mir nicht schon alles angestellt haben: sie haben mir den R;cken mit gl;henden Eisen gebrannt, haben mich in gesto;enes Eis gesetzt, es half alles nichts. Zuletzt war ich ganz verkn;chert... Nun beschlossen die Herren, da; es keinen Zweck mehr hat, mich noch weiter zu kurieren, einen Kr;ppel kann man aber nicht gut im Herrenhause behalten... also schickte man mich hierher, denn ich habe hier Verwandte. So lebe ich, wie Sie mich hier sehen.« Lukerja verstummte von neuem und versuchte wieder zu l;cheln. »Deine Lage ist aber entsetzlich!« rief ich aus... Da ich nicht wu;te, was ihr noch zu sagen, fragte ich: »Und was macht Wassilij Poljakow?« Diese Frage war sehr dumm. Lukerja blickte etwas zur Seite. »Was Poljakow macht? – Er gr;mte sich eine Zeit lang und heiratete schlie;lich eine andere, ein M;dchen aus Slinnoje. Kennen sie Slinnoje? Es ist nicht weit von hier. Agrafena hat sie gehei;en. Er hat mich sehr geliebt, aber er war doch ein junger Mann und konnte nicht um meinetwillen ledig bleiben. Was w;re ich ihm f;r eine Lebensgef;hrtin? Er bekam eine sch;ne und gute Frau, hat auch Kinderchen. Er ist hier auf dem Nachbargute Verwalter: Ihre Frau Mutter hat ihm einen Pa; gegeben, und es geht ihm, Gott sei Dank, gut.« »Und du liegst immer so?« fragte ich wieder. »Ja, so liege ich, Herr, schon das siebente Jahr. Im Sommer liege ich hier, in diesem Schuppen, und wenn es kalt wird, tr;gt man mich in die Badestube hin;ber. Dann liege ich dort.« »Wer pflegt dich denn? Wer schaut nach dir?« »Es gibt auch hier gute Menschen. Man verl;;t mich nicht. Man braucht mich auch fast gar nicht zu pflegen. Ich esse ja fast gar nicht, und Wasser habe ich hier im Kruge: es steht immer ein Vorrat davon, reines Quellwasser. Nach dem Kruge kann ich selbst langen: den einen Arm kann ich ja noch bewegen. Dann gibt es hier auch ein kleines M;del, ein Waisenkind, das kommt zuweilen her, so dankbar bin ich ihr. Sie war auch eben hier gewesen... Sind Sie ihr nicht begegnet? So ein h;bsches Kind mit wei;em Gesichtchen. Sie bringt mir Blumen her; ich liebe sie so sehr, die Blumen. Gartenblumen haben wir nicht – es waren wohl welche da, sind aber eingegangen. Aber auch die Wiesenblumen sind sch;n; sie duften noch sch;ner als die Gartenblumen. Zum Beispiel die Maigl;ckchen... was gibt es Sch;neres?« »Ist es dir nicht langweilig, nicht unheimlich, meine arme Lukerja?« »Was soll ich machen? Ich will nicht l;gen – anfangs war es mir sehr traurig ums Herz; dann gew;hnte ich mich daran, schickte mich darein, es ist nicht so schlimm; andere haben es noch viel schlimmer.« »Wieso?« »Mancher hat kein Obdach! Ein anderer ist blind oder taub! Ich aber kann, Gott sei Dank, gut sehen und alles h;ren, alles. Ein Maulwurf w;hlt in der Erde – auch das h;re ich. Ich sp;re auch jeden Geruch, selbst den leisesten! Wenn der Buchweizen im Felde oder die Linde im Garten bl;ht, braucht man mir das gar nicht zu sagen: ich rieche es gleich, wenn nur ein Windhauch her;berkommt. Nein, was soll ich gegen Gott murren? – viele haben es schlimmer als ich. Wenn ich blo; nur dieses bedenke: mancher gesunde Mensch kann leicht s;ndigen; mich hat aber die S;nde selbst verlassen. Neulich reichte mir der Priester, P. Alexej, das Abendmahl und sagte: ›Deine Beichte brauche ich gar nicht zu h;ren: Kann man denn in deiner Lage s;ndigen?‹ Aber ich antwortete ihm: ›Und die S;nden, die man in Gedanken begeht, Hochw;rden?‹ – ›Diese S;nden sind nicht gro;‹ sagte er mir darauf und lachte.« »Von solchen S;nden habe ich wohl wirklich nicht viel auf dem Gewissen,« fuhr Lukerja fort, »denn ich habe mich gew;hnt, nicht zu denken, und vor allem nicht an das Vergangene zu denken. so vergeht die Zeit schneller.« Ich war, offen gestanden, erstaunt. »Du bist aber immer allein, Lukerja; wie kannst du es verhindern, da; dir die Gedanken in den Sinn kommen? Oder schl;fst du immer?« »Oh, nein, Herr! Schlafen kann ich nicht immer. Gro;e Schmerzen habe ich zwar nicht, aber in meinem Innern, auch in den Knochen ist immer ein Ziehen; es l;;t mich nicht ordentlich schlafen. Nein, ich liege einfach so und denke an nichts; ich f;hle, da; ich lebe, da; ich atme – das ist alles. Ich schaue und horche. Die Bienen im Garten summen; eine Taube setzt sich aufs Dach und girrt; eine Henne kommt mal mit ihren K;chlein her, um die Kr;mel aufzupicken; manchmal stiegt auch ein Spatz oder ein Schmetterling herein – das tut mir wohl. Vor zwei Jahren haben hier in der Ecke sogar Schwalben genistet und Junge ausgebr;tet. Das war so lustig! Eine Schwalbe kommt zum Nest geflogen, setzt sich drauf, f;ttert die Jungen, und weg ist sie. Gleich ist aber schon eine andere da. Manchmal kommt sie gar nicht herein, sondern fliegt nur an der offenen T;r vor;ber – die Jungen fangen aber gleich zu piepsen an und rei;en die Schn;bel auf... Ich erwartete sie auch im folgenden Jahre, aber man sagte mir, ein hiesiger J;ger h;tte sie erschossen. Was f;r einen Gewinn hatte er davon? Die ganze Schwalbe ist doch nicht gr;;er als ein K;fer... Was seid ihr doch f;r b;se Menschen, ihr Herren J;ger!« »Ich schie;e keine Schwalben,« beeilte ich mich einzuwenden. »Ein anderes Mal,« fuhr Lukerja fort, »mu;te ich so lachen! Ein Hase kam hereingelaufen, wirklich! Ich wei; nicht, vielleicht verfolgten ihn die Hunde, aber er rannte geradewegs durch die T;re herein!... Er setzte sich ganz nahe von mir hin und sa; lange so da, schnupperte mit der Nase, bewegte den Schnurrbart, ganz wie ein Offizier. Auch mich sah er an. Er begriff also, da; ich ihm nicht gef;hrlich bin. Schlie;lich stand er auf, sprang zur T;re, sah sich an der Schwelle noch einmal um, und weg war er! So spa;ig war er!« Lukerja sah mich an: ob es nicht spa;ig sei? Ich tat ihr den Gefallen und lachte, sie bi; sich in die ausgetrockneten Lippen. »Nun, im Winter habe ich es nat;rlich nicht so gut: denn es ist dunkel, ein Licht anzuz;nden ist zu schade, wozu auch? Ich verstehe zwar zu lesen und habe immer gerne gelesen, aber was soll ich lesen? Es gibt hier keine B;cher, und wenn es auch welche g;be, wie soll ich so ein Buch halten? P. Alexej brachte mir mal zur Zerstreuung einen Kalender, als er aber sah, da; das Buch mir nichts n;tzte, holte er es wieder ab. Und wenn es auch dunkel ist, so gibt es doch immer etwas zu h;ren: ein Heimchen zirpt, eine Maus knabbert. – Dann ist es mir so wohl! Nur nicht denken!« »Manchmal bete ich auch,« fuhr Lukerja nach einer Ruhepause fort. »Aber ich kenne nur wenig Gebete. Was soll ich auch den lieben Gott bel;stigen? Was soll ich von ihm bitten? Er wei; besser als ich, was mir nottut. Er hat mir mein Kreuz gesandt, also liebt er mich. Uns ist befohlen, es so zu verstehen. Ich spreche manchmal das Vaterunser, das Gebet zur heiligen Mutter Gottes, den Psalm zur schmerzhaften Maria – und dann liege ich wieder ganz ohne Gedanken. Und das ist nicht so schlecht!« — Es vergingen an die zwei Minuten. Ich unterbrach nicht das Schweigen und r;hrte mich nicht auf dem schmalen F;;chen, das mir als Sitz diente. Die grausame steinerne Unbeweglichkeit des vor mir liegenden, lebendigen, ungl;cklichen Wesens hatte sich auch mir mitgeteilt: auch ich war wie erstarrt. »H;r mal, Lukerja,« begann ich endlich. »H;r, was ich dir vorschlagen m;chte. Wenn du willst, lasse ich dich ins Krankenhaus bringen, in das gute, st;dtische Krankenhaus. Wer wei;, vielleicht wird man dich gesund machen. Jedenfalls wirst du nicht mehr allein sein...« Lukerja bewegte kaum merklich die Brauen. »Ach, nein, Herr,« fl;sterte sie besorgt. »Bringen sie mich nicht ins Krankenhaus, lassen Sie mir meine Ruhe. Dort werde ich mich blo; mehr qu;len. – Wie kann man mich gesund machen!... Einmal kam ein Arzt her und wollte mich untersuchen. Ich bat ihn: ›Qu;len Sie mich nicht, um Christi willen.‹ Aber es n;tzte nichts: er fing an, mich hin und her zu wenden, mir die Arme und die Beine zu biegen und zu kneten; er sagte: ›Ich mache es der Wissenschaft wegen; ich bin ja ein angestellter, gelehrter Mensch, und du darfst mir nicht widerstreben, denn ich habe f;r meine M;he einen Orden um den Hals gekriegt und plage mich f;r euch Dummen ab. Er zerrte mich hin und her, nannte mir meine Krankheit – es war ein so schwieriger Name – und fuhr davon. Mir taten aber dann eine ganze Woche alle Knochen weh. Sie sagen: ich sei allein, immer allein. Nein, das bin ich nicht immer. Man besucht mich hier. Ich bin so still und st;re niemand. Die M;dchen aus dem Dorfe kommen mal her und plaudern; oder eine Walfahrerin verirrt sich zu mir und erz;hlt mir von Jerusalem, von Kiew und von anderen heiligen St;dten. Ich f;rchte mich aber nicht vor dem Alleinsein. Es ist mir sogar angenehmer, bei Gott!... Herr, lassen Sie mir meine Ruhe, bringen Sie mich nicht ins Krankenhaus... Ich danke Ihnen, Sie sind so g;tig, aber lassen die mir meine Ruhe, liebster Herr.« »Nun, wie du willst, wie du willst, Lukerja. Ich wollte ja nur dein Bestes...« »Ich wei; es, Herr, da; Sie mein Bestes wollen. Aber, liebster Herr, wer kann einem anderen helfen? Wer kann einem anderen in die Seele eindringen? Der Mensch mu; sich selbst helfen! Sie werden es mir nicht glauben, manchmal liege ich so allein da, und es ist mir, als g;be es in der Welt keinen Menschen au;er mir. Nur ich allein bin lebendig! Und es ist mir, als schwebe etwas auf mich herab... Und es kommen mir so seltsame Gedanken!« »Was f;r Gedanken, Lukerja?« »Das kann ich Ihnen unm;glich sagen, Herr: man kann es gar nicht erkl;ren. Auch vergesse ich es nachher. Es kommt ;ber mich wie eine Regenwolke, die sich ;ber mich ergie;t, so frisch, so angenehm; was es aber ist, kann ich nachher nicht begreifen! Ich denke mir blo;: wenn ich Menschen um mich h;tte, so w;re dies alles nicht, und ich w;rde wohl nichts au;er meinem Ungl;ck f;hlen.« Lukerja holte m;hevoll Atem. Ihre Brust wollte ihr nicht gehorchen, genau wie die anderen Glieder. »Wenn ich Sie so anschaue, Herr,« fing sie von neuem an, »so sehe ich, da; Sie mit mir gro;es Mitleid haben. Bemitleiden Sie mich aber nicht zu sehr, wirklich! Ich will Ihnen zum Beispiel sagen, da; ich auch jetzt manchmal... Sie erinnern sich doch, wie lustig ich einst war? Ein fixes M;del!... also wissen Sie was? Ich pflege auch jetzt noch meine Lieder zu singen.« »Lieder?... Du?« »Ja, Lieder, alte Lieder, Reigenlieder, Weihnachtslieder, Dreik;nigslieder, allerlei Lieder! Ich habe doch viele Lieder gekannt und wei; sie noch alle. Nur die Tanzlieder singe ich nicht mehr. Zu meinem jetzigen Berufe passen sie nicht.« »Wie singst du sie denn... stumm, in dich hinein?« »Stumm, und auch laut. Sehr laut kann ich nicht, aber man kann mich doch h;ren. Ich erz;hlte Ihnen, da; mich ein M;del besucht. Ein so verst;ndiges Waisenkind. Ich habe sie es also gelehrt; vier Lieder hat sie mir schon abgelauscht. Oder sie glauben mir nicht? Warten Sie, ich will Ihnen gleich...« Lukerja holte tief Atem... Der Gedanke, da; dieses halbtote Wesen sich zu singen anschickte, weckte in mir ein Grauen. Doch ehe ich etwas sagen konnte, erklang in meinen Ohren ein gedehnter, kaum h;rbarer, doch reiner und richtiger Ton... ihm folgte ein zweiter, ein dritter. Lukerja sang das Lied »Auf den Wiesen«. Sie sang mit dem gleichen Ausdruck ihres versteinerten Gesichts und mit starren Augen. So r;hrend klang diese armselige, angestrengte, wie eine d;nne Rauchs;ule bebende Stimme, so sehr wollte sie ihre ganze Seele ergie;en. Ich empfand kein Grauen mehr: ein unsagbares Mitleid pre;te mir das Herz zusammen. »Ach, ich kann nicht mehr!« sagte sie pl;tzlich: »Meine Kr;fte reichen nicht... Ich freue mich zu sehr ;ber Ihren Besuch.« Sie schlo; die Augen. Ich legte meine Hand auf ihre kleinen kalten Finger... Sie blickte mich an und senkte wieder ihre dunklen Augenlider mit den goldenen Wimpern, die mich an die Augenlider alter Statuen erinnerten. Einen Augenblick sp;ter leuchteten sie wieder im Halbdunkel... Tr;nen hatten sie benetzt. Ich sa; noch immer regungslos. »Was bin ich f;r eine!« sagte pl;tzlich Lukerja mit unerwarteter Kraft. Sie ;ffnete weit die Augen und versuchte durch Zwinkern die Tr;nen von den Wimpern abzusch;tteln. »Sch;me ich mich denn gar nicht? Was f;llt mir blo; ein? Schon lange ist mir so was nicht passiert... seitdem mich Wa;ja Poljakow einmal im vorigen Fr;hjahr besucht hat. Solange er bei mir sa; und mit mir sprach, ging es noch; als er aber gegangen und ich wieder allein geblieben war, da weinte ich! Wo nahm ich nur die Tr;nen her!... Wir Weiber brauchen sie ja nicht zu kaufen. Herr,« f;gte Lukerja hinzu: »Sie haben wohl ein T;chlein... Ekeln Sie sich nicht vor mir, wischen Sie mir die Augen ab.« Ich beeilte mich, ihren Wunsch zu erf;llen, und lie; ihr auch das Taschentuch. Anfangs wollte sie es nicht annehmen: »Was brauche ich so ein Geschenk?« Das Tuch war sehr einfach, aber wei; und sauber. Dann ergriff sie es mit ihren schwachen Fingern und lie; es nicht mehr los. Da ich mich an die Dunkelheit, in der wir uns beide befanden, schon gew;hnt hatte, konnte ich ihre Z;ge deutlich unterscheiden, konnte sogar die leichte R;te bemerken, die ihr bronzenes Gesicht ;berhauchte, konnte in diesem Gesicht – so schien es mir wenigstens – die Spuren einstiger Sch;nheit entdecken. »Sie fragten mich vorhin, Herr,« begann Lukerja von neuem, »ob ich schlafe. Ich schlafe wirklich selten, habe aber daf;r jedesmal Tr;ume, so sch;ne Tr;ume! Niemals sehe ich mich im Traume krank: im Traume bin ich immer so stark und jung... Eines ist nur schlimm: wenn ich erwache und mich ordentlich strecken m;chte, so bin ich wie gefesselt. Einmal hatte ich einen wunderbaren Traum! Soll ich ihn erz;hlen? Nun, h;ren Sie zu. – Ich stehe im Felde, und rings um mich her ist Korn, hohes, reifes, wie Gold schimmerndes Korn!... Ich habe ein rotbraunes H;ndchen bei mir, es ist b;se und will mich immer bei;en. Und in der Hand halte ich eine Sichel, es ist aber keine gew;hnliche Sichel, sondern der Mond, der einer Sichel gleicht. Mit dieser Mondsichel soll ich das ganze Korn abm;hen. Ich bin aber matt vor Hitze, der Mond blendet mich, und ich bin so faul; ringsherum wachsen ungew;hnlich gro;e Kornblumen! Sie wenden alle ihre K;pfe nach mir um. Ich sage mir: ›Ich will mir diese Kornblumen pfl;cken; Wa;ja versprach herzukommen, darum will ich mir zuerst einen Kranz aus Kornblumen flechten; zum M;hen ist noch immer Zeit.‹ – Ich beginne die Kornblumen zu pfl;cken, aber sie zerschmelzen mir zwischen den Fingern. Ich kann mir also keinen Kranz flechten. Ich h;re aber, wie sich mir jemand n;hert; er ist schon ganz nahe und ruft: ›Luscha! Luscha!‹ Und ich sage mir: ›So ein Pech, ich bin doch nicht fertig geworden! Nun ist alles gleich, ich will mir diesen Mond statt der Kornblumen auf den Kopf legen.‹ Ich setze mir die Mondsichel wie ein Diadem auf die Stirn, und sie erstrahlt gleich so hell, da; es im Felde ganz licht wird. Und ich sehe: ;ber die Korn;hren schwebt zu mir jemand heran – es ist aber nicht Wa;ja, sondern Christus! Woran ich erkannt habe, da; es Christus war, kann ich nicht sagen; auf den Heiligenbildern wird er ganz anders dargestellt; ich wusste aber bestimmt, da; Er es war. Bartlos, gro; gewachsen, jung, wei; gekleidet mit goldenem G;rtel, reicht er mir die Hand. Und er sagt zu mir: ›F;rchte dich nicht, meine geliebte Braut, folge mir; du wirst bei mir im Himmelreiche den himmlischen Reigen f;hren und paradiesische Lieder singen.‹ Ich k;sse seine Hand, und mein H;ndchen bei;t mich gleich in die F;;e... Doch wir schweben beide empor. Er fliegt voraus... Seine Fl;gel, so lang und wei; wie die einer M;we, f;llen den ganzen Himmel; und ich fliege ihm nach. Das H;ndchen mu; aber zur;ckbleiben. Da begriff ich erst, da; das H;ndchen meine Krankheit bedeutete und da; es mir ins Himmelreich nicht nachfolgen wird.« Lukerja schwieg eine Weile. »Dann sah ich noch einen anderen Traum,« fing sie von neuem an. »Vielleicht war es auch ein vom Himmel gesandtes Gesicht, ich wei; es nicht. Es tr;umte mir, da; ich hier in diesem selben Schuppen liege und meine seligen Eltern, V;terchen und M;tterchen zu mir kommen; sie verbeugen sich tief vor mir, sagen aber nichts. Und ich frage sie: ›Was verbeugt ihr euch vor mir, V;terchen und M;tterchen?‹ Und sie antworten: ›Weil du dich in dieser Welt so sehr qu;lst, da; du nicht nur deine eigene Seele erleichterst, sondern auch von uns eine schwere Last genommen hast. Darum haben wir es in der anderen Welt viel besser. Mit deinen eigenen S;nden bist du schon fertig geworden, jetzt ;berwindest du unsere S;nden.‹ Nach diesen Worten verbeugten sich meine Eltern wieder und verschwanden; und ich sah nichts als die W;nde. Sp;ter gr;belte ich lange, was es wohl gewesen sei. Ich erz;hlte es sogar dem Pfarrer in der Beichte. Er meinte aber, es sei kein Gesicht vom Himmel gewesen, denn solche Gesichte haben nur Personen geistlichen Standes.« »Dann hatte ich auch noch diesen Traum,« fuhr Lukerja fort. »Ich sitze unter einer Weide an der Landstra;e, habe ein gesch;ltes St;ckchen in H;nden, einen Sack auf dem R;cken, und mein Kopf ist mit einem Tuch umbunden – ich sehe ganz wie eine Pilgerin aus! Und ich mu; irgendwo weithin wallfahren. Lauter Pilger kommen an mir vorbei; sie gehen langsam, wie widerwillig, alle ln die gleiche Richtung; sie haben alle traurige Gesichter und sehen sich alle ;hnlich. Und ich sehe: eine Frau, die um einen ganzen Kopf gr;;er ist als alle und so merkw;rdig, gar nicht russisch gekleidet ist, wirft sich zwischen ihnen hin und her. Auch ihr Gesicht ist so merkw;rdig: vom Fasten ausgemergelt und streng. Alle anderen weichen ihr aus; sie aber geht pl;tzlich auf mich zu. Sie bleibt stehen und sieht mich an; ihre Augen sind aber so gelb wie die eines Falken, gro; und seltsam hell. Ich frage sie: ›Wer bist du?‹ Und sie antwortet mir: ›Ich bin dein Tod.‹ Statt zu erschrecken bin ich so furchtbar froh und bekreuzige mich. Und jene Frau, da; ist mein Tod, spricht zu mir: ›Du tust mir leid, Lukerja, aber ich kann dich nicht mitnehmen. Leb wohl!‹ Mein Gott, wie traurig wurde es mir da ums Herz!... ›Nimm mich mit!‹ sage ich ihr, ›M;tterchen, liebes T;ubchen, nimm mich mit!‹ – Und die Frau wandte sich zu mir um und redete mir zu... Ich verstand nur, da; sie mir meine Stunde bestimmte, aber sie sprach so undeutlich... Nach den Petrifasten, sagte sie mir... Da erwachte ich... So sonderbare Tr;ume habe ich immer!« Lukerja hob die Augen zur Decke... wurde nachdenklich... »Aber mein Ungl;ck ist, da; ich oft eine ganze Woche nicht einschlafen kann. Im vorigen Jahre kam hier eine Dame vorbeigefahren; sie sah mich und gab mir ein Fl;schchen mit einer Arznei gegen die Schlaflosigkeit; sie sagte, ich solle jedesmal zehn Tropfen nehmen. Die Tropfen halfen mir gut, und ich konnte schlafen; jetzt ist aber das Fl;schchen leer... Wissen Sie nicht, was es f;r eine Arznei war und wie ich sie mir verschaffen kann?« Die durchreisende Dame hatte Lukerja offenbar Opium gegeben. Ich versprach, ihr so ein Fl;schchen zu verschaffen, und mu;te mich laut ;ber ihre Geduld wundern. »Ach, Herr!« entgegnete sie. »Was f;llt Ihnen ein? Was ist das f;r eine Geduld? Symeon, der Stylite, der hatte wirklich Geduld: drei;ig Jahre lang stand er auf einer S;ule! Ein anderer Heiliger lie; sich bis an die Brust in die Erde eingraben, und die Ameisen fra;en ihm das Gesicht... Ein Schriftkundiger erz;hlte mir aber einmal diese Geschichte: es war einmal ein Land, und die Heiden hatten dieses Land erobert und alle Einwohner gepeinigt und erschlagen; was die Einwohner auch alles anfingen, sie konnten sich unm;glich von den Heiden befreien. Da erschien zwischen jenen Einwohnern eine heilige Jungfrau; sie nahm ein gro;es Schwert in die Hand, legte sich eine zweizentnerschwere R;stung an, zog gegen die Heiden und vertrieb sie alle hinters Meer. Und als sie sie vertrieben hatte, sagte sie ihnen: ›Verbrennt mich jetzt, denn es war mein Gel;bde, da; ich f;r mein Volk den Feuertod erleide.‹ Und die Heiden nahmen sie und verbrannten sie, aber das Volk war von nun an erl;st. Das war eine Tat! Was bin ich dagegen!« Ich wunderte mich still dar;ber, da; die Legende von der Jeanne d'Arc hierher und in solcher Gestalt gedrungen war. Nach kurzem Schweigen fragte ich Lukerja, wie alt sie sei. »Achtundzwanzig... oder neunundzwanzig... Drei;ig bin ich noch nicht. Aber was soll ich die Jahre z;hlen! Ich will Ihnen noch eines sagen...« Lukerja hustete pl;tzlich seltsam dumpf und st;hnte auf... »Du sprichst zu viel,« sagte ich ihr, »das kann dir schaden.« »Es ist wahr,« fl;sterte sie kaum h;rbar. »Unser Gespr;ch ist zu Ende; jetzt ist alles gleich! Wenn Sie jetzt wegfahren, werde ich wieder nach Herzenslust schweigen k;nnen. Nun habe ich mir wenigstens das Herz erleichtert...« Ich verabschiedete mich von ihr, wiederholte mein Versprechen, ihr die Arznei zu schicken und bat sie, es sich noch einmal zu ;berlegen und mir zu sagen, ob sie nicht etwas wolle. »Ich brauche nichts; ich bin Gott sei Dank mit allem zufrieden,« sagte sie mit gro;er M;he, doch ger;hrt. »Gott gebe allen Gesundheit! Herr, wenn Sie Ihre Frau Mutter bitten wollten – die Bauern sind hier so arm – da; sie ihnen den Erbzins herabsetzt! Sie haben zu wenig Land... Die Bauern w;rden f;r Sie zu Gott beten... Ich aber brauche nichts, ich bin mit allem zufrieden.« Ich gab Lukerja das Wort, ihre Bitte zu erf;llen. Als ich schon an der T;re war, rief sie mich wieder zu sich heran. »Erinnern Sie sich noch, Herr,« sagte sie, und etwas Wunderbares huschte ;ber ihre Augen und Lippen, »was ich einst f;r einen Zopf gehabt habe? Erinnern Sie sich noch, er reichte mir bis an die Knie! Ich konnte mich lange nicht entschlie;en... Solche Haare!... Aber wie sollte ich sie in meiner Lage k;mmen?!... Also schnitt ich sie mir ab... ja... Nun, leben Sie wohl, Herr! Ich kann nicht mehr...« Am gleichen Tage sprach ich vor dem Aufbruch zur Jagd mit dem Schulzen des Vorwerkes ;ber Lukerja. Ich erfuhr von ihm, da; man sie im Dorfe die »Lebendige Reliquie« nenne und da; sie im ;brigen keinen Menschen st;re: man h;re sie niemals murren oder sich beklagen, »Sie selbst verlangt nichts, ist sogar im Gegenteil f;r alles dankbar; so still ist sie und sanft, das mu; man sagen. Gott hat sie geschlagen,« schlo; der Schulze, »wahrscheinlich f;r ihre S;nden; aber wir fragen nicht danach. Bereden tun wir sie nicht. Soll sie ihren Frieden haben!« *** Einige Wochen sp;ter erfuhr ich, da; Lukerja gestorben war. Der Tod hatte sie also doch geholt... und sogar »nach den Petrifasten«. Man erz;hlte, sie h;tte an ihrem Sterbetage immer Glockenl;uten geh;rt, obwohl die Kirche mehr als f;nf Werst weit von Alexejewka lag und es ein Wochentag war. Lukerja hatte ;brigens gesagt, das L;uten sei nicht von der Kirche gekommen, sondern »von oben«. Wahrscheinlich wagte sie nicht zu sagen: vom Himmel. — Ende —