Скачать:TXTPDF
Кары (сборник)
elektrisch geheizten Napf am Kopfende wird warmer Reisbrei gelegt, aus dem der Mann, wenn er Lust hat, nehmen kann, was er mit der Zunge erhascht. Keiner versaumt die Gelegenheit. Ich wei? keinen, und meine Erfahrung ist gro?. Erst um die sechste Stunde verliert er das Vergnugen am Essen. Ich knie dann gewohnlich hier nieder und beobachte diese Erscheinung. Der Mann schluckt den letzten Bissen selten, er dreht ihn nur im Mund und speit ihn in die Grube. Ich mu? mich dann bucken, sonst fahrt es mir ins Gesicht. Wie still wird dann aber der Mann um die sechste Stunde! Verstand geht dem Blodesten auf. Um die Augen beginnt es. Von hier aus verbreitet es sich. Ein Anblick, der einen verfuhren konnte, sich mit unter die Egge zu legen. Es geschieht ja nichts weiter, der Mann fangt blo? an, die Schrift zu entziffern, er spitzt den Mund, als horche er. Sie haben gesehen, es ist nicht leicht, die Schrift mit den Augen zu entziffern; unser Mann entziffert sie aber mit seinen Wunden. Es ist allerdings viel Arbeit; er braucht sechs Stunden zu ihrer Vollendung. Dann aber spie?t ihn die Egge vollstandig auf und wirft ihn in die Grube, wo er auf das Blutwasser und die Watte niederklatscht. Dann ist das Gericht zu Ende, und wir, ich und der Soldat, scharren ihn ein. »

Der Reisende hatte das Ohr zum Offizier geneigt und sah, die Hande in den Rocktaschen, der Arbeit der Maschine zu. Auch der Verurteilte sah ihr zu, aber ohne Verstandnis. Er buckte sich ein wenig und verfolgte die schwankenden Nadeln, als ihm der Soldat, auf ein Zeichen des Offiziers, mit einem Messer hinten Hemd und Hose durchschnitt, so da? sie von dem Verurteilten abfielen; er wollte nach dem fallenden Zeug greifen, um seine Blo?e zu bedecken, aber der Soldat hob ihn in die Hohe und schuttelte die letzten Fetzen von ihm ab. Der Offizier stellte die Maschine ein, und in der jetzt eintretenden Stille wurde der Verurteilte unter die Egge gelegt. Die Ketten wurden gelost, und statt dessen die Riemen befestigt; es schien fur den Verurteilten im ersten Augenblick fast eine Erleichterung zu bedeuten. Und nun senkte sich die Egge noch ein Stuck tiefer, denn es war ein magerer Mann. Als ihn die Spitzen beruhrten, ging ein Schauer uber seine Haut; er streckte, wahrend der Soldat mit seiner rechten Hand beschaftigt war, die linke aus, ohne zu wissen wohin; es war aber die Richtung, wo der Reisende stand. Der Offizier sah ununterbrochen den Reisenden von der Seite an, als suche er von seinem Gesicht den Eindruck abzulesen, den die Exekution, die er ihm nun wenigstens oberflachlich erklart hatte, auf ihn mache.

Der Riemen, der fur das Handgelenk bestimmt war, ri?; wahrscheinlich hatte ihn der Soldat zu stark angezogen. Der Offizier sollte helfen, der Soldat zeigte ihm das abgerissene Riemenstuck. Der Offizier ging auch zu ihm hinuber und sagte, das Gesicht dem Reisenden zugewendet: «Die Maschine ist sehr zusammengesetzt, es mu? hie und da etwas rei?en oder brechen; dadurch darf man sich aber im Gesamturteil nicht beirren lassen. Fur den Riemen ist ubrigens sofort Ersatz geschafft; ich werde eine Kette verwenden; die Zartheit der Schwingung wird dadurch fur den rechten Arm allerdings beeintrachtigt. » Und wahrend er die Ketten anlegte, sagte er noch: «Die Mittel zur Erhaltung der Maschine sind jetzt sehr eingeschrankt. Unter dem fruheren Kommandanten war eine mir frei zugangliche Kassa nur fur diesen Zweck bestimmt. Es gab hier ein Magazin, in dem alle moglichen Ersatzstucke aufbewahrt wurden. Ich gestehe, ich trieb damit fast Verschwendung, ich meine fruher, nicht jetzt, wie der neue Kommandant behauptet, dem alles nur zum Vorwand dient, alte Einrichtungen zu bekampfen. Jetzt hat er die Maschinenkassa in eigener Verwaltung, und schicke ich um einen neuen Riemen, wird der zerrissene als Beweisstuck verlangt, der neue kommt erst in zehn Tagen, ist dann aber von schlechterer Sorte und taugt nicht viel. Wie ich aber in der Zwischenzeit ohne Riemen die Maschine betreiben soll, darum kummert sich niemand. «

Der Reisende uberlegte: Es ist immer bedenklich, in fremde Verhaltnisse entscheidend einzugreifen. Er war weder Burger der Strafkolonie, noch Burger des Staates, dem sie angehorte. Wenn er diese Exekution verurteilen oder gar hintertreiben wollte, konnte man ihm sagen: Du bist ein Fremder, sei still. Darauf hatte er nichts erwidern, sondern nur hinzufugen konnen, da? er sich in diesem Falle selbst nicht begreife, denn er reise nur mit der Absicht zu sehen und keineswegs etwa, um fremde Gerichtsverfassungen zu andern. Nun lagen aber hier die Dinge allerdings sehr verfuhrerisch. Die Ungerechtigkeit des Verfahrens und die Unmenschlichkeit der Exekution war zweifellos. Niemand konnte irgendeine Eigennutzigkeit des Reisenden annehmen, denn der Verurteilte war ihm fremd, kein Landsmann und ein zum Mitleid gar nicht auffordernder Mensch. Der Reisende selbst hatte Empfehlungen hoher Amter, war hier mit gro?er Hoflichkeit empfangen worden, und da? er zu dieser Exekution eingeladen worden war, schien sogar darauf hinzudeuten, da? man sein Urteil uber dieses Gericht verlangte. Dies war aber um so wahrscheinlicher, als der Kommandant, wie er jetzt uberdeutlich gehort hatte, kein Anhanger dieses Verfahrens war und sich gegenuber dem Offizier fast feindselig verhielt.

Da horte der Reisende einen Wutschrei des Offiziers. Er hatte gerade, nicht ohne Muhe, dem Verurteilten den Filzstumpf in den Mund geschoben, als der Verurteilte in einem unwiderstehlichen Brechreiz die Augen schlo? und sich erbrach. Eilig ri? ihn der Offizier vom Stumpf in die Hohe und wollte den Kopf zur Grube hindrehen; aber es war zu spat, der Unrat flo? schon an der Maschine hinab. «Alles Schuld des Kommandanten! » schrie der Offizier und ruttelte besinnungslos vorn an den Messingstangen, «die Maschine wird mir verunreinigt wie ein Stall.» Er zeigte mit zitternden Handen dem Reisenden, was geschehen war. «Habe ich nicht stundenlang dem Kommandanten begreiflich zu machen gesucht, da? einen Tag vor der Exekution kein Essen mehr verabfolgt werden soll. Aber die neue milde Richtung ist anderer Meinung. Die Damen des Kommandanten stopfen dem Mann, ehe er abgefuhrt wird, den Hals mit Zuckersachen voll. Sein ganzes Leben hat er sich von stinkenden Fischen genahrt und mu? jetzt Zuckersachen essen! Aber es ware ja moglich, ich wurde nichts einwenden, aber warum schafft man nicht einen neuen Filz an, wie ich ihn seit einem Vierteljahr erbitte. Wie kann man ohne Ekel diesen Filz in den Mund nehmen, an dem mehr als hundert Manner im Sterben gesaugt und gebissen haben?»

Der Verurteilte hatte den Kopf niedergelegt und sah friedlich aus, der Soldat war damit beschaftigt, mit dem Hemd des Verurteilten die Maschine zu putzen. Der Offizier ging zum Reisenden, der in irgendeiner Ahnung einen Schritt zurucktrat, aber der Offizier fa?te ihn bei der Hand und zog ihn zur Seite. «Ich will einige Worte im Vertrauen mit Ihnen sprechen», sagte er, «ich darf das doch?» «Gewi?», sagte der Reisende und horte mit gesenkten Augen zu.

«Dieses Verfahren und diese Hinrichtung, die Sie jetzt zu bewundern Gelegenheit haben, hat gegenwartig in unserer Kolonie keinen offenen Anhanger mehr. Ich bin ihr einziger Vertreter, gleichzeitig der einzige Vertreter des Erbes des alten Kommandanten. An einen weiteren Ausbau des Verfahrens kann ich nicht mehr denken, ich verbrauche alle meine Krafte, um zu erhalten, was vorhanden ist. Als der alte Kommandant lebte, war die Kolonie von seinen Anhangern voll; die Uberzeugungskraft des alten Kommandanten habe ich zum Teil, aber seine Macht fehlt mir ganz; infolgedessen haben sich die Anhanger verkrochen, es gibt noch viele, aber keiner gesteht es ein. Wenn Sie heute, also an einem Hinrichtungstag, ins Teehaus gehen und herumhorchen, werden Sie vielleicht nur zweideutige Au?erungen horen. Das sind lauter Anhanger, aber unter dem gegenwartigen Kommandanten und bei seinen gegenwartigen Anschauungen fur mich ganz unbrauchbar. Und nun frage ich Sie: Soll wegen dieses Kommandanten und seiner Frauen, die ihn beeinflussen, ein solches Lebenswerk» – er zeigte auf die Maschine – «zugrunde gehen? Darf man das zulassen? Selbst wenn man nur als Fremder ein paar Tage auf unserer Insel ist? Es ist aber keine Zeit zu verlieren, man bereitet etwas gegen meine Gerichtsbarkeit vor; es finden schon Beratungen in der Kommandatur statt, zu denen ich nicht zugezogen werde; sogar Ihr heutiger Besuch scheint mir fur die ganze Lage bezeichnend; man ist feig und schickt Sie, einen Fremden, vor. – Wie war die Exekution anders in fruherer Zeit! Schon einen Tag vor der Hinrichtung war das ganze Tal von Menschen uberfullt; alle kamen nur um zu sehen; fruh am Morgen erschien der Kommandant mit seinen Damen; Fanfaren weckten den ganzen Lagerplatz; ich erstattete die Meldung, da? alles vorbereitet sei; die Gesellschaft – kein hoher Beamte durfte fehlen – ordnete sich um die Maschine; dieser Haufen Rohrsessel ist ein armseliges Uberbleibsel aus jener Zeit. Die Maschine glanzte frisch geputzt, fast zu jeder Exekution nahm ich neue Ersatzstucke. Vor hunderten Augen – alle Zuschauer standen auf den Fu?spitzen bis dort zu den Anhohen – wurde der Verurteilte vom Kommandanten selbst unter die Egge gelegt. Was heute ein gemeiner Soldat tun darf, war damals meine, des Gerichtsprasidenten, Arbeit und ehrte mich. Und nun begann die Exekution! Kein Mi?ton storte die Arbeit der Maschine. Manche sahen nun gar nicht mehr zu, sondern lagen mit geschlossenen Augen im Sand; alle wu?ten: Jetzt geschieht Gerechtigkeit. In der Stille horte man nur das Seufzen des Verurteilten, gedampft durch den Filz. Heute gelingt es der Maschine nicht mehr, dem Verurteilten ein starkeres Seufzen auszupressen, als der Filz noch ersticken kann; damals aber tropften die schreibenden Nadeln eine beizende Flussigkeit aus, die heute nicht mehr verwendet werden darf. Nun, und dann kam die sechste Stunde! Es war unmoglich, allen die Bitte, aus der Nahe zuschauen zu durfen, zu gewahren. Der Kommandant in seiner Einsicht ordnete an, da? vor allem die Kinder berucksichtigt werden sollten; ich allerdings durfte kraft

Скачать:TXTPDF

elektrisch geheizten Napf am Kopfende wird warmer Reisbrei gelegt, aus dem der Mann, wenn er Lust hat, nehmen kann, was er mit der Zunge erhascht. Keiner versaumt die Gelegenheit. Ich