klugen Menschen wie Sie erwartet!«
»Nun, wollen Sie sich doch endlich erkl;ren!«
»Ich komme zu Ihnen, Herr Kister«, sagte Awdej, sich langsam von seinem Platz erhebend, »ich komme zu Ihnen, um Sie zu einem Duell zu fordern, verstehen Sie es jetzt? Ich will mich mit Ihnen schlagen. Sie glaubten wohl, Sie k;nnten mich so einfach abfertigen? Wu;ten Sie denn nicht, mit wem Sie es zu tun hatten? H;tte ich es je erlaubt …«
»Sehr sch;n«, unterbrach ihn Kister kurz und k;hl. »Ich nehme die Forderung an. Wollen Sie mir Ihren Sekundanten schicken.«
»Ja, ja«, fuhr Awdej fort, dem es wie einer Katze leid tat, sein Opfer so schnell zu verlassen. »Ich gestehe, es wird mir ein Vergn;gen sein, morgen den Lauf meiner Pistole auf Ihr ideales, blondes Haupt zu richten.«
»Mir scheint, Sie wollen mich nach der Forderung noch beschimpfen«, entgegnete Kister mit Verachtung. »Wollen Sie bitte gehen. Ich mu; mich f;r Sie sch;men.«
»Na ja, man kennt es ja: Delikatesse! … Ja, Marja Ssergejewna, ich verstehe nicht Franz;sisch!« brummte Lutschkow, w;hrend er sich die M;tze aufsetzte, »Auf angenehmes Wiedersehen, Fjodor Fjodorowitsch!«
Er gr;;te und entfernte sich.
Kister ging einige Male durchs Zimmer. Sein Gesicht gl;hte, seine Brust hob und senkte sich m;chtig. Er empfand weder Angst noch Zorn, aber er ekelte sich vor dem Gedanken, da; er diesen Menschen einst f;r seinen Freund gehalten hatte. Der Gedanke an das Duell freute ihn beinahe. Sich auf einen Schlag von der ganzen Vergangenheit befreien, ;ber diesen einen Stein springen und dann den ruhigen Strom entlang schwimmen … Sch;n, dachte er sich, ich werde mir mein Gl;ck erk;mpfen. Das Bild Maschas schien ihm zuzul;cheln und den Sieg zu verhei;en. Ich komme nicht um! Nein, ich komme nicht um! wiederholte er mit ruhigem L;cheln vor sich hin.
Auf dem Tisch lag der Brief an seine Mutter … Sein Herz krampfte sich f;r einen Augenblick zusammen. Er beschlo;, ihn f;r alle F;lle noch nicht abzuschicken. Kister empfand jene erh;hte Lebenskraft, die jeder Mensch vor einer Gefahr an sich wahrnimmt. Er ;berlegte sich ruhig die m;glichen Folgen des Zweikampfes, setzte sich und Mascha in Gedanken allen Pr;fungen des Ungl;cks und der Trennung aus und blickte hoffnungsvoll in die Zukunft. Er gab sich das Wort, Lutschkow nicht zu t;ten.
Unwiderstehlich zog es ihn zu Mascha hin. Er suchte sich einen Sekundanten, brachte eilig seine Angelegenheiten in Ordnung und fuhr gleich nach dem Essen zu den Perekatows. W;hrend des ganzen Abends war Kister lustig, vielleicht viel zu lustig.
Mascha spielte viel Klavier, hatte gar keine Vorahnungen und kokettierte mit ihm sehr nett. Ihre Sorglosigkeit tat ihm anfangs weh, dann fa;te er sie aber als ein g;nstiges Vorzeichen auf – er freute sich dar;ber und wurde ruhig. Sie hing von Tag zu Tag mehr an ihm; das Verlangen nach Gl;ck war in ihr st;rker als das Verlangen nach Leidenschaft. Auch hatte ihr Lutschkow alle ;bertriebenen Erwartungen ausgetrieben, und sie entsagte ihnen mit Freuden und f;r ewig. Nenila Makarjewna liebte Kister wie einen Sohn. Ssergej Ssergejewitsch folgte aus Gewohnheit dem Beispiel seiner Frau.
»Auf Wiedersehen«, sagte Masch zu Kister, als sie ihn ins Vorzimmer begleitete und mit stillem L;cheln sah, wie er ihr z;rtlich und lange die H;nde k;;te. »Auf Wiedersehen.«
Als er aber eine halbe Werst vom Hause der Perekatows entfernt war, erhob er sich in seinem Wagen und begann mit dunkler Unruhe nach erleuchteten Fenstern zu sp;hen. Aber das ganze Haus war schon dunkel wie ein Grab.
Kap. 11
Am andern Tag, gegen elf Uhr fr;h, kam Kisters Sekundant, ein alter, verdienter Major, zu ihm, um ihn abzuholen. Der gute Alte brummte, kaute an seinem grauen Schnurrbart und w;nschte Awdej Iwanowitsch jedes Übel.
Der Wagen fuhr vor. Kister ;bergab dem Major zwei Briefe: einen an die Mutter und einen an Mascha.
»Wozu das?«
»Man kann nicht wissen.«
»Unsinn! Wir schie;en ihn nieder wie ein Rebhuhn.«
»Es ist immerhin besser.«
Der Major steckte sich ;rgerlich beide Briefe in die Seitentasche seines Waffenrocks.
»Wir fahren.«
Sie brachen auf. Im kleinen Wald, zwei Werst von Kirillowo, erwartete sie Lutschkow mit seinem Sekundanten und fr;heren Freund – dem parf;mierten Adjutanten. Das Wetter war herrlich, die V;gel zwitscherten friedlich; in der N;he des Waldes pfl;gte ein Bauer seinen Acker. W;hrend die Sekundanten die Distanz abma;en, die Barrieren absteckten und die Pistolen untersuchten und luden, sahen sich die Gegner gar nicht an. Kister ging mit sorglosem Ausdruck auf und ab und f;chelte mit einem abgerissenen Zweig; Awdej stand unbeweglich mit gekreuzten Armen und gerunzelten Brauen. Nun kam der entscheidende Augenblick. »Fangen Sie an, meine Herren!« Kister trat rasch an die Barriere, war aber noch keine f;nf Schritte gegangen, als Lutschkow schon scho;.
Kister erzitterte, machte noch einen Schritt, wankte und senkte den Kopf … Seine Knie knickten ein, er fiel wie ein Sack ins Gras.
Der Major st;rzte auf ihn zu.
»Ist es m;glich? …« fl;sterte der Sterbende.
Awdej n;herte sich dem Toten. Sein finsteres und abgemagertes Gesicht zeigte den Ausdruck eines w;tenden, erbitterten Mitleids. Er sah den Adjutanten und den Major an, senkte wie schuldbeladen den Kopf, stieg schweigend in den Sattel und ritt im Schritt zur Wohnung des Oberst.
Mascha lebt noch heute.
* * *
Ende