Stirn und zusammengebissenen Z;hnen aufmerksam zuh;rte.
»Ja, ja …«, wiederholte er schnell, mit unangenehmem L;cheln. »Es ist sch;n, sehr sch;n … Ich glaube, ich hab es schon einmal gelesen … sehr sch;n … Sag mir bitte«, fuhr er gedehnt und gleichsam unwillig fort, »wie denkst du ;ber Ludwig XIV.?«
Kister fing an, ;ber Ludwig XIV. zu sprechen. Lutschkow aber h;rte zu, verstand vieles gar nicht und manches falsch und entschlo; sich zuletzt, eine Bemerkung zu machen … Schwei; trat ihm auf die Stirn. Vielleicht sage ich etwas sehr Dummes? – dachte er sich. Er sagte auch oft Dummheiten, doch Kister wurde in seinen Entgegnungen niemals scharf: Der gute J;ngling freute sich, da; in einem Menschen das Streben nach Bildung erwachte.
Doch ach! Awdej Iwanowitsch fragte ihn gar nicht aus Lust nach Bildung aus, sondern einfach so, Gott wei; weshalb. Vielleicht wollte er selbst durch einen Versuch feststellen, was f;r einen Kopf er, Lutschkow, habe: einen stumpfen oder nur einen ungeschulten. – Ich bin im Grunde genommen dumm, sagte er sich mehr als einmal mit einem bitteren L;cheln; dann richtete er sich auf, blickte frech und herausfordernd um sich und l;chelte boshaft, wenn er merkte, da; einer der Kameraden seinen Blicken auswich.
»Ja, mein Bester, du bist klug und gebildet …«, fl;sterte er durch die Z;hne. »Willst du aber nicht … Du wei;t schon was …«
Die Herren Offiziere hielten sich ;ber die so pl;tzlich geschlossene Freundschaft zwischen Kister und Lutschkow nicht sehr lange auf: Sie waren die seltsamen Launen des Kampfhahns gew;hnt.
»Da hat sich der Teufel mit einem Kindlein eingelassen!« sagten sie …
Kister lobte ;berall seinen neuen Freund mit Begeisterung; man widersprach ihm nicht, weil man Lutschkow f;rchtete; Lutschkow erw;hnte in Gegenwart anderer niemals Kisters Namen, gab aber den Verkehr mit dem parf;mierten Adjutanten auf.
Kap. 2
Die s;drussischen Gutsbesitzer lieben es, B;lle zu geben, die Herren Offiziere einzuladen und sie mit ihren T;chtern zu verheiraten. Zehn Werst vom Dorfe Kirillowo entfernt lebte gerade so ein Gutsbesitzer, ein gewisser Herr Perekatow, der vierhundert leibeigene Seelen und ein recht ger;umiges Haus besa;. Er hatte eine etwa achtzehnj;hrige Tochter, Maschenjka und eine Frau, Nenila Makarjewna. Herr Perekatow diente einst in der Kavallerie, hatte aber aus Liebe zum Landleben und aus Faulheit seinen Abschied genommen und sich einem ruhigen Leben hingegeben, wie es die mittleren Gutsbesitzer f;hren. Nenila Makarjewna stammte auf eine nicht ganz legitime Weise von einem sehr vornehmen Moskauer Herrn ab.
Ihr Besch;tzer hatte ihr in seinem Hause, was man so nennt, eine sorgf;ltige Erziehung gegeben, sich aber ihrer dann auf das erste Angebot hin recht schnell, wie einer unzuverl;ssigen Ware entledigt. Nenila Makarjewna war nicht h;bsch; der vornehme Herr gab ihr nur zehntausend Rubel mit, und sie klammerte sich an den Herrn Perekatow. Dem Herrn Perekatow erschien es recht verf;hrerisch, ein wohlerzogenes, kluges M;dchen zu heiraten – das schlie;lich auch mit dem vornehmen W;rdentr;ger verwandt war.
Der W;rdentr;ger zeigte dem jungen Paar auch nach der Hochzeit seine Gewogenheit, das hei;t, er lie; sich von ihnen gesalzene Wachteln schenken und sprach Perekatow mit: »Du mein Bester«, und zuweilen auch einfach mit »Du« an.
Nenila Makarjewna bekam ihren Gatten ganz in ihre Gewalt und wirtschaftete und verwaltete das Gut durchaus selbst;ndig, ;brigens in recht verst;ndiger Weise; jedenfalls viel besser, als es Herr Perekatow verwaltet h;tte. Sie bedr;ckte ihren Ehegenossen nicht zu sehr, hatte ihn aber ganz in ihrer Hand und bestellte ihm sogar seine Kleider, und zwar nach der englischen Mode. Auf ihren Befehl mu;te sich Herr Perekatow einen kleinen Kinnbart stehenlassen, der den Zweck hatte, eine gro;e Warze in Gestalt einer ;berreifen Himbeere, die er am Kinn hatte, zu verdecken. Nenila Makarjewna erz;hlte aber den G;sten, da; ihr Mann die Fl;te blase und da; alle Fl;tisten sich unter der Unterlippe ein B;rtchen stehenlassen, um das Instrument bequemer halten zu k;nnen.
Herr Perekatow war schon fr;h am Morgen mit einer hohen sauberen Halsbinde angetan, sorgf;ltig gek;mmt und gewaschen. Im ;brigen war er mit seinem Los recht zufrieden; er bekam schmackhaftes Essen, tat alles, was er wollte, und schlief, soviel er konnte.
Nenila Makarjewna f;hrte in ihrem Hause, wie es die Nachbarn nannten, »ausl;ndische Sitten« ein: Sie hielt nur wenige Dienstboten und kleidete diese anst;ndig. Der Ehrgeiz plagte sie: Sie wollte wenigstens eine Frau Kreis-Adelsmarschall werden; doch die Edelleute des …schen Kreises a;en sich bei ihr zwar satt, w;hlten jedoch zum Adelsmarschall nicht ihren Gatten, sondern bald den Premier-Major a. D. Burkholz und bald den Seconde-Major a. D. Burundjukow. Herr Perekatow kam ihnen zu gro;st;dtisch vor.
Die Tochter des Herrn Perekatow, Maschenjka glich dem Vater. Nenila Makarjewna widmete ihrer Erziehung viel Sorgfalt. Sie sprach gut franz;sisch und spielte recht anst;ndig Klavier. Sie war von mittlerem Wuchs, ziemlich voll und hatte einen wei;en Teint; ihr etwas gar zu rundes Gesicht war von einem gutm;tigen, heiteren L;cheln belebt; die dunkelblonden, nicht zu ;ppigen Haare, die braunen Augen und die angenehme Stimme weckten stilles Wohlgefallen, doch nicht mehr. Daf;r mu;te man ;ber den Mangel jeder Ziererei und Vorurteile, ;ber die ungew;hnliche Belesenheit dieses in der Steppe aufgewachsenen, jungen M;dchens, ;ber die Freiheit ihrer Ausdrucksweise und ihre einfache und ruhige Art zu sprechen und zu urteilen unwillk;rlich staunen. Sie hatte sich ganz frei entwickelt: Nenila Makarjewna legte ihr keine Hindernisse in den Weg.
Eines Morgens gegen zw;lf war die ganze Familie Perekatow im Salon versammelt. Der Gatte stand in einem rund zugeschnittenen gr;nen Frack, einer hohen, karierten Halsbinde, erbsenfarbenen Hosen und Stiefeletten vor dem Fenster und fing mit gro;em Eifer Fliegen. Die Tochter sa; vor dem Stickrahmen; ihr kleines rundliches H;ndchen im schwarzen Halbhandschuh hob und senkte sich langsam und grazi;s ;ber dem Kanevas. Nenila Makarjewna sa; auf dem Sofa und blickte schweigsam zu Boden.
»Haben Sie eine Einladung an das …sche Regiment geschickt, Ssergej Ssergejewitsch?« fragte sie den Mann.
»F;r heute abend? Gewi;, ma chère! (Es war ihm untersagt, sie »M;tterchen« zu nennen.) Gewi;!«
»Es sind gar keine Kavaliere da«, fuhr Nenila Makarjewna fort. »Die jungen M;dchen wissen nicht, mit wem zu tanzen.«
Der Gatte seufzte, als ob der Mangel an Kavalieren ihn schwer bedr;cke.
»Mamachen«, sagte pl;tzlich Mascha, »ist auch Monsieur Lutschkow eingeladen?« – »Was f;r ein Lutschkow?«
»Er ist auch Offizier. Man sagt, er sei sehr interessant.«
»Wieso?«
»Ja. Er ist weder h;bsch noch jung, doch alle f;rchten ihn. Er ist leidenschaftlicher Duellant. (Mamachen zog etwas die Brauen zusammen.) Ich w;rde ihn mal gerne sehen …«
Ssergej Ssergejewitsch unterbrach seine Tochter: »Was gibt’s da zu sehen, Herzchen? Du glaubst wohl, er sieht wie ein Lord Byron aus? (Um jene Zeit fing man bei uns eben an, ;ber Lord Byron zu sprechen.) Unsinn! Auch ich galt einmal als Raufbold, Herzchen!«
Mascha blickte ihren Vater erstaunt an, lachte, sprang dann auf und k;;te ihn auf die Wange. Die Gattin l;chelte leise … und Ssergej Ssergejewitsch hatte nicht gelogen.
»Ich wei; nicht, ob dieser Herr kommen wird«, sagte Nenila Makarjewna. »Vielleicht erweist auch er uns die Ehre.«
Die Tochter seufzte.
»Pa; auf, verlieb dich nur nicht in ihn!« bemerkte Ssergej Ssergejewitsch. »Ich wei;, ihr seid jetzt alle so … exaltiert …«
»Nein«, erwiderte Mascha einfach.
Nenila Makarjewna sah ihren Mann k;hl an. Ssergej Ssjergejewitsch spielte etwas verlegen mit seiner Uhrkette, nahm vom Tisch seinen englischen, weitkrempigen Hut und verlie; das Haus, um nach der Wirtschaft zu sehen. Sein Hund lief ihm gehorsam und sch;chtern nach. Als kluges Tier f;hlte er, da; auch sein Herr in diesem Hause keine zu gro;e Gewalt hatte, und er benahm sich daher bescheiden und vorsichtig.
Nenila Makarjewna ging auf die Tochter zu, hob ihr leise den Kopf und blickte ihr freundlich in die Augen. »Wirst du es mir sagen, wenn du dich verliebst?« fragte sie sie.
Mascha k;;te der Mutter l;chelnd die Hand und nickte einige Male bejahend mit dem Kopfe.
»Also pa; auf!« versetzte Nenila Makarjewna, streichelte ihr die Wange und folgte ihrem Mann aus dem Haus. Mascha lehnte sich im Sessel zur;ck, lie; den Kopf auf die Brust sinken, verschr;nkte die Finger und blickte lange mit zusammengekniffenen Augen aus dem Fenster; seufzend richtete sie sich wieder auf, versuchte zu sticken, lie; aber die Nadel fallen, st;tzte den Kopf in die Hand, bi; sich in die Fingern;gel und versank in Gedanken … dann warf sie einen Blick auf ihre Schulter und auf ihre ausgestreckte Hand, stand auf, trat vor den Spiegel, l;chelte, setzte sich den Hut auf und ging in den Garten.
Am gleichen Abend gegen acht begannen sich die G;ste zu versammeln. Frau Perekatow empfing und »unterhielt« ;beraus freundlich die verheirateten Damen, Maschenjka die jungen M;dchen, Ssergej Ssergejewitsch sprach mit den Gutsbesitzern von der Wirtschaft und schielte jeden Augenblick nach seiner Frau.
Nun erschienen einer nach dem andern die jungen Stutzer: die Offiziere, die absichtlich etwas sp;ter kamen, zuletzt der Herr Oberst in Begleitung seines Adjutanten, Kisters und Lutschkows. Er stellte sie der Dame des Hauses vor. Lutschkow machte eine stumme Verbeugung; Kister murmelte das ;bliche »Freut mich sehr …« Herr Perekatow ging auf den Oberst zu, dr;ckte ihm fest die Hand und blickte ihm mit Gef;hl in die Augen. Der Oberst machte sofort ein finsteres Gesicht. Man begann zu tanzen. Kister forderte Maschenjka zum Tanz auf. Um jene Zeit bl;hte die ;cossaise.
»Sagen Sie mir, bitte«, fragte Maschenjka, als sie, nachdem sie an die zwanzigmal bis ans Ende des Saales gehopst waren, sich endlich unter den ersten Paaren aufstellten, »warum tanzt Ihr Freund nicht?«
»Welcher Freund?«
Mascha wies mit dem Ende des F;chers auf Lutschkow.
»Er tanzt niemals«, entgegnete Kister.
»Warum ist er dann hergekommen?«
Kister wurde etwas verlegen. »Er wollte das Vergn;gen haben …«
Maschenjka unterbrach ihn. »Sie sind, glaube ich, erst vor kurzem in unser Regiment versetzt worden?«
»In Ihr Regiment«, bemerkte Kister mit einem L;cheln. »Ja, vor kurzem.«
»Langweilen Sie sich nicht?«
»Aber bitte … Ich fand hier eine so angenehme Gesellschaft … und erst die Natur! …« Kister begann die Sch;nheiten der Natur zu schildern. Mascha h;rte ihm zu, ohne den Kopf zu heben.
Awdej Iwanowitsch stand in der Ecke