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Der Duellant

und musterte gleichg;ltig die Tanzenden.

»Wie alt ist Herr Lutschkow?« fragte sie pl;tzlich.

»Ich glaube … so an die f;nfunddrei;ig«, antwortete Kister.

»Man sagt, er sei ein gef;hrlicher … zorniger Mensch«, fuhr Mascha eilig fort.

»Er ist etwas aufbrausend … doch im ;brigen ein guter Kerl.«

»Man sagt, alle f;rchten ihn?«

Kister lachte.

»Und Sie?«

»Wir sind Freunde.«

»Wirklich?«

»Sie, Sie sind jetzt dran!« rief man ihnen von allen Seiten zu. Sie fuhren zusammen und fingen wieder an, seitw;rts durch den ganzen Saal zu hopsen.

»Nun, ich gratuliere!« sagte Kister zu Lutschkow nach dem Tanz. »Die Tochter des Hauses hat mich die ganze Zeit ;ber dich ausgefragt.«

»Nein wirklich?« entgegnete Lutschkow ver;chtlich.

»Mein Ehrenwort! Sie ist aber doch recht h;bsch, schau sie dir nur an.«

»Welche ist es denn?«

Kister zeigte ihm Mascha.

»Ah! Nicht ;bel!« Lutschkow g;hnte.

»Du kalter Mensch!« rief Kister aus und lief davon, um ein anderes junges M;dchen zum Tanze aufzufordern.

Die von Kister mitgeteilte Nachricht gefiel Awdej Iwanowitsch recht gut, wenn er auch g;hnte, und sogar laut g;hnte. Ein Interesse geweckt zu haben, schmeichelte seinem Ehrgeiz; die Liebe verachtete er – in seinen Reden; innerlich aber f;hlte er selbst, wie schwer und m;hselig es sei, in jemand Liebe zu wecken, doch sehr leicht und einfach, sich gleichg;ltig, schweigsam und hochm;tig zu stellen. Awdej Iwanowitsch war unsch;n und nicht mehr jung; daf;r geno; er einen unheimlichen Ruf, folglich hatte er ein Recht, stolz zu tun. Er war die bitteren und stummen Wonnen der finsteren Einsamkeit gewohnt. Es war nicht das erste Mal, da; er das Interesse von Frauen weckte; manche hatten sich sogar bem;ht, ihn intimer kennenzulernen, er stie; sie aber durch erbitterten Trotz zur;ck. Er wu;te, da; Z;rtlichkeit ihm nicht zu Gesicht stand (bei einem Stelldichein oder einem Gest;ndnis war er immer erst unbeholfen und banal und wurde dann vor lauter Ärger grob, in einer beinahe abgeschmackten und verletzenden Weise); er erinnerte sich, da; sich die zwei oder drei Frauen, mit denen er einst bekannt gewesen war, schon in den ersten Augenblicken einer n;heren Bekanntschaft gegen ihn abk;hlten und sich eilig zur;ckzogen.

Darum entschlo; er sich, ein R;tsel zu bleiben und das, was ihm das Schicksal versagt hatte, zu verachten – eine andere Verachtung kennen die Menschen anscheinend gar nicht. Jede aufrichtige, unwillk;rliche, das hei;t sch;ne und gute Äu;erung der Leidenschaft stand Lutschkow nicht zu Gesicht; er mu;te sich st;ndig beherrschen, selbst in seinem Zorn. Nur Kister allein konnte es ohne Ekel ertragen, wenn Lutschkow in sein schallendes Gel;chter ausbrach. In den Augen des gutm;tigen Deutschen leuchtete edle Freude der Sympathie, wenn er Awdej seine Lieblingsseiten aus Schiller vorlas; der Kampfhahn sa; vor ihm, den Kopf ;ster gesenkt, wie ein Wolf …

Kister tanzte, bis er beinahe umfiel; Lutschkow verlie; seine Ecke nicht, runzelte die Brauen, warf ab und zu verstohlene Blicke auf Mascha und nahm, wenn sich ihre Blicke trafen, sofort einen gleichg;ltigen Ausdruck an.

Mascha tanzte an die dreimal mit Kister. Der begeisterte J;ngling hatte in ihr Vertrauen geweckt. Sie plauderte mit ihm lustig, im Herzen aber hatte sie ein unbehagliches Gef;hl: Lutschkow interessierte sie.

Die T;ne einer Mazurka dr;hnten durch den Saal. Die Offiziere fingen an zu hopsen, mit den Abs;tzen zu klappern und die Epauletten mit den Schultern emporzuwerfen; auch die Zivilisten klapperten mit den Abs;tzen.

Lutschkow r;hrte sich noch immer nicht von seinem Platz und verfolgte langsam mit den Augen die vorbeihuschenden Paare.

Jemand zupfte ihn am Ärmel … er sah sich um; sein Nachbar zeigte auf Mascha. Sie stand mit gesenkten Augen vor ihm und streckte ihm die Hand entgegen.

Lutschkow blickte sie erst verst;ndnislos an, schnallte dann gleichg;ltig seinen Palasch ab, warf den Federhut auf den Boden, bahnte sich ungeschickt den Weg zwischen den Sesseln, nahm Mascha bei der Hand und machte eine Runde, ohne zu hopsen und zu trampeln, als erf;lle er unwillig eine unangenehme Pflicht … Mascha hatte heftiges Herzklopfen.

»Warum tanzen Sie nicht?« fragte sie ihn schlie;lich.

»Ich bin kein Liebhaber vom Tanzen«, antwortete Lutschkow. »Wo ist Ihr Platz?«

»Dort dr;ben.«

Lutschkow geleitete Mascha zu ihrem Stuhl, verneigte sich ruhig und kehrte ebenso ruhig in seine Ecke zur;ck … doch in ihm regte sich schon lustig die Galle.

Kister forderte Mascha wieder zum Tanz auf.

»Wie sonderbar ist doch Ihr Freund!«

»Er scheint Sie sehr zu interessieren …« sagte Fjodor Fjodorowitsch, indem er seine blauen, gutm;tigen Augen schelmisch zusammenkniff.

»Ja … er ist wohl sehr ungl;cklich.«

»Er ist ungl;cklich? Woraus schlie;en Sie das?« Und Fjodor Fjodorowitsch fing zu lachen an.

»Sie wissen nicht … Sie wissen nicht …« Mascha sch;ttelte ernst den Kopf.

»Wie sollte ich es nicht wissen?«

Mascha sch;ttelte wieder den Kopf und sah Lutschkow an. Awdej Iwanowitsch bemerkte diesen Blick, zuckte unauff;llig die Achseln und ging in ein anderes Zimmer.

Kap. 3

Seit jenem Abend waren einige Monate vergangen. Lutschkow hatte die Perekatows kein einziges Mal besucht. Kister besuchte sie daf;r recht oft. Nenila Makarjewna hatte ihn liebgewonnen; sie war es aber nicht, die Fjodor Fjodorowitsch anzog. Mascha gefiel ihm. Als unerfahrener Mensch, der noch viel Unausgesprochenes auf dem Herzen hatte, fand er viel Vergn;gen am Austausch der Empfindungen und Gedanken und glaubte gutm;tig an die M;glichkeit einer erhabenen und ruhigen Freundschaft zwischen einem jungen Mann und einem jungen M;dchen.

Eines Tages brachte ihn ein Dreigespann wohlgen;hrter und schneller Pferde vor das Haus des Herrn Perekatow. Es war ein schw;ler und hei;er Sommertag. Kein W;lkchen stand am Himmel. Das Blau war am Horizont so tief, da; das Auge es f;r eine Gewitterwolke hielt. Das Haus, das Herr Perekatow f;r den Sommeraufenthalt mit der den Steppenbewohnern eigenen Umsicht erbaut hatte, kehrte die Fenster der Sonne zu. Nenila Makarjewna hatte schon am Morgen befohlen, alle Fensterladen zu schlie;en.

Kister trat in den k;hlen, halbdunklen Salon. Das Licht legte sich auf den Fu;boden in langen und auf die W;nde in dichten, kurzen Streifen. Die Familie Perekatow empfing Fjodor Fjodorowitsch mit gro;er Freundlichkeit. Nach dem Mittagessen zog sich Nenila Makarjewna ins Schlafzimmer zur;ck, um auszuruhen; Herr Perekatow machte es sich im Salon auf dem Sofa bequem; Mascha setzte sich ans Fenster vor den Stickrahmen.

Kister nahm ihr gegen;ber Platz. Mascha lehnte sich mit der Brust an den Stickrahmen, den sie gar nicht aufgeklappt hatte, und st;tzte den Kopf in die H;nde. Kister begann ihr etwas zu erz;hlen; sie h;rte ihm ohne Aufmerksamkeit zu, als erwarte sie etwas, blickte ab und zu auf den Vater und streckte pl;tzlich ihre Hand aus.

»H;ren Sie, Fjodor Fjodorowitsch –; sprechen Sie aber leise … Papachen ist eingeschlafen.«

Herr Perekatow war in der Tat, wie gew;hnlich auf dem Sofa sitzend, den Kopf zur;ckgeworfen und den Mund ein wenig ge;ffnet, eingeschlafen.

»Was w;nschen Sie?« fragte Kister neugierig.

»Sie werden mich auslachen.«

»Aber ich bitte Sie! …«

Mascha senkte den Kopf, so da; nur die obere H;lfte ihres Gesichtes sichtbar war, und fragte ihn mit ged;mpfter Stimme, nicht ohne Verwirrung, warum er niemals Herrn Lutschkow mitbringe. Es war seit jenem Ball nicht das erstemal, da; Mascha seinen Namen erw;hnte …

Kister schwieg. Mascha blickte ;ngstlich hinter dem zugeklappten Rahmen hervor.

»Darf ich Ihnen meine aufrichtige Meinung sagen?« fragte Kister.

»Warum denn nicht? Selbstverst;ndlich!«

»Ich glaube, Lutschkow hat einen starken Eindruck auf Sie gemacht!«

»Nein!« antwortete Mascha und beugte sich, als wollte sie das Stickmuster n;her betrachten; ein schmaler, goldener Lichtstreif legte sich auf ihr Haar. »Nein … aber …«

»Was, aber?« versetzte Kister l;chelnd.

»Sehen Sie«, sagte Mascha und hob pl;tzlich den Kopf, so da; der Lichtstreif ihr direkt auf die Augen fiel. »Sehen Sie … er …«

»Er interessiert Sie …«

»Nun … ja …« sagte Mascha langsam. Sie err;tete, wandte den Kopf ein wenig auf die Seite und fuhr in dieser Stellung fort: »An ihm ist etwas … Sie lachen mich aber aus …« f;gte sie pl;tzlich mit einem schnellen Blick auf Fjodor Fjodorowitsch hinzu.

Fjodor Fjodorowitsch l;chelte das sanfteste L;cheln.

»Ich sage Ihnen alles, was mir einf;llt«, fuhr Mascha fort. »Ich wei;, Sie sind mein … (sie wollte sagen: Freund) guter Bekannter.«

Kister neigte den Kopf. Mascha schwieg eine Weile und reichte ihm sch;chtern die Hand; Fjodor Fjodorowitsch dr;ckte ihr respektvoll die Fingerspitzen.

»Er ist wohl ein gro;er Sonderling«, versetzte Mascha und lehnte sich wieder gegen den Stickrahmen.

»Ein Sonderling!«

»Gewi;. Er interessiert mich ja auch nur als ein Sonderling!« f;gte Mascha schelmisch hinzu.

»Lutschkow ist ein edler, ungew;hnlicher Mensch«, entgegnete Kister mit gro;em Ernst. »In unserm Regiment kennt man ihn gar nicht, man sch;tzt ihn nicht nach Geb;hr, man sieht nur seine Au;enseite. Gewi;, er ist verbittert, sonderbar, ungeduldig, aber er hat ein gutes Herz.«

Mascha lauschte gierig den Worten Fjodor Fjodorowitschs.

»Ich will ihn zu Ihnen bringen. Ich werde ihm sagen, da; man Sie nicht zu f;rchten braucht, da; seine Menschenscheu l;cherlich sei … Ich werde ihm sagen … Oh, ich wei; schon, was ich ihm sagen werde! … Das hei;t, glauben Sie nur nicht, da; ich …« Kister wurde verlegen; auch Mascha wurde verlegen. »Schlie;lich gef;llt er Ihnen doch nur so …«

»Gewi;, wie mir auch viele andere gefallen.«

Kister sah sie schelmisch an.

»Sch;n, sch;n«, sagte er mit zufriedener Miene. »Ich will ihn herbringen.«

»Aber nein …«

»Ich sage Ihnen ja, da; alles gut sein wird. Ich werde es schon machen.«

»Was sind Sie f;r ein …« versetzte Mascha mit einem L;cheln und drohte ihm mit dem Finger. Herr Perekatow g;hnte und schlug die Augen auf.

»Ich glaube, ich habe geschlafen«, murmelte er erstaunt. Diese Frage und dieses Erstaunen wiederholten sich jeden Tag. Mascha und Kister brachten das Gespr;ch auf Schiller.

Fjodor Fjodorowitsch f;hlte sich jedoch nicht recht behaglich; in ihm regte sich gleichsam der Neid … und er war voll edler Entr;stung ;ber sich selbst.

Nenila Makarjewna kam in den Salon. Man brachte Tee. Herr Perekatow lie; seinen Hund einigemal ;ber einen Stock springen und erkl;rte nachher, da; er es ihm selbst beigebracht habe, w;hrend der Hund h;flich mit dem Schweife wedelte, sich die Schnauze leckte und mit den Augen zwinkerte. Als die Hitze endlich abnahm und ein leiser Abendwind sich erhob, begab sich die ganze Familie Perekatow in das Birkenw;ldchen, um ein wenig zu spazieren.

Fjodor Fjodorowitsch blickte Mascha jeden

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und musterte gleichg;ltig die Tanzenden. »Wie alt ist Herr Lutschkow?« fragte sie pl;tzlich. »Ich glaube ... so an die f;nfunddrei;ig«, antwortete Kister. »Man sagt, er sei ein gef;hrlicher ... zorniger