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Der Duellant

nicht mit einem freiwilligen Gest;ndnis beunruhigt hatte. Awdej ;bernahm es, vor dem Mittagessen ein junges, noch nicht zugerittenes Pferd zu besteigen; so tolle Spr;nge es auch machte, er b;ndigte es vollkommen. Am Abend kam er ein wenig aus sich heraus, versuchte zu scherzen und zu lachen. Obwohl er sich sehr bald wieder beherrschte, hatte er auf Mascha augenblicklich einen unangenehmen Eindruck gemacht. Sie wu;te noch selbst nicht, was f;r ein Gef;hl Lutschkow in ihr weckte, sie schrieb aber alles, was ihr an ihm mi;fiel, dem Einflu; von Schicksalsschl;gen und Einsamkeit zu.

Kap. 5

Die Freunde fingen an, die Perekatows oft zu besuchen. Die Lage Kisters wurde immer schwieriger. Er bereute nichts, wollte aber doch wenigstens die Zeit seiner Pr;fung abk;rzen. Seine Neigung f;r Mascha wurde von Tag zu Tag gr;;er, sie zeigte ihm auch selbst ihre Sympathie, aber immer nur ein Vermittler und selbst Freund zu sein – welch ein schweres und undankbares Amt! Die k;hl begeisterten Menschen reden viel von der Heiligkeit der Leiden, von der Seligkeit der Leiden … doch dem warmen, einfachen Herzen Kisters boten die Leiden nicht die geringste Seligkeit. Und eines Tages, als Lutschkow fertig angekleidet zu ihm kam, um ihn abzuholen, und der Wagen schon vor der T;re stand, erkl;rte Fjodor Fjodorowitsch seinem Freund zu dessen gr;;tem Erstaunen, da; er zu Hause bleiben werde. Lutschkow redete ihm zu, ;rgerte sich, wurde b;se … Kister sch;tzte Kopfschmerzen vor, und Lutschkow fuhr allein hin.

Der Kampfhahn hatte sich in der letzten Zeit in vielen Dingen ver;ndert. Er lie; seine Kameraden in Ruhe, setzte den Neulingen nicht zu und war, wenn auch nicht aufgebl;ht, wie es ihm Kister prophezeit hatte, so doch jedenfalls ruhiger geworden. Auch fr;her durfte man ihn nicht f;r einen am Leben entt;uschten Menschen halten: Er hatte fast nichts gesehen und erlebt – und darum war es auch kein Wunder, da; Mascha seine Gedanken besch;ftigte. Sein Herz war ;brigens nicht weicher geworden, nur seine Galle war etwas zur Ruhe gekommen. Die Gef;hle, die Mascha f;r ihn hatte, waren seltsamer Art. Sie sah ihm fast nie gerade ins Gesicht, sie verstand auch nicht mit ihm zu sprechen. Wenn sie aber einmal zuf;llig unter vier Augen blieben, f;hlte sie sich furchtbar befangen. Sie hielt ihn f;r einen ungew;hnlichen Menschen, empfand vor ihm eine gro;e Scheu, regte sich auf und bildete sich ein, da; sie ihn nicht verstehe und sein Vertrauen nicht verdiene … Sie dachte an ihn freudlos und schmerzvoll, doch unaufh;rlich. Die Anwesenheit Kisters hingegen wirkte auf sie erleichternd und stimmte sie lustig, ohne sie ;brigens zu freuen oder aufzuregen; mit ihm konnte sie stundenlang, sich auf seinen Arm wie auf den eines Bruders st;tzend, plaudern, blickte ihm freundschaftlich in die Augen, lachte, wenn er lachte – und dachte nur selten an ihn. In Lutschkow ahnte das junge M;dchen etwas R;tselhaftes; sie f;hlte, da; seine Seele so finster war »wie ein Wald«, und bem;hte sich, in dieses Dunkel einzudringen … So schauen Kinder in einen tiefen Brunnen, bis sie endlich tief unten auf dem Grund das schwarze Wasser erblicken.

Als Lutschkow allein in den Salon trat, erschrak Mascha zuerst; dann aber war sie erfreut. Sie hatte schon mehr als einmal das Gef;hl gehabt, da; zwischen ihr und Lutschkow irgendein Mi;verst;ndnis schwebe, da; er bisher noch keine Gelegenheit gehabt habe, sich auszusprechen. Lutschkow teilte den Grund der Abwesenheit Kisters mit. Die Alten ;u;erten ihr Bedauern. Mascha aber sah Awdej mi;trauisch an und verzehrte sich vor Ungeduld.

Nach dem Essen blieben sie allein. Mascha wu;te nicht, was zu sagen, und setzte sich vors Klavier. Ihre Finger liefen eilig und zitternd ;ber die Tasten; sie hielt immer wieder inne und wartete, da; er zu sprechen anfange … Lutschkow verstand und liebte die Musik nicht. Mascha brachte das Gespr;ch auf Rossini (Rossini fing damals gerade an, in Mode zu kommen) und auf Mozart. Awdej Iwanowitsch antwortete nur: »Ja! Nein! Gewi;! Sehr sch;n« – und sonst nichts. Mascha spielte eine gl;nzende Variation ;ber ein Thema von Rossini. Lutschkow h;rte lange zu, und als sie sich wieder an ihn wandte, dr;ckte sein Gesicht eine so ungeheuchelte Langweile aus, da; sie aufsprang und das Klavier zuklappte. Sie trat ans Fenster und blickte lange in den Garten; Lutschkow r;hrte sich nicht vom Fleck und schwieg immerzu.

In die Seele Maschas trat an Stelle der Scheu Ungeduld. Nun? dachte sie sich, willst du nicht … oder kannst du nicht?

Nun war Lutschkow an der Reihe, verlegen zu werden. Er f;hlte wieder seine gewohnte qualvolle Unsicherheit: Er sch;umte vor Wut!

»Was mu;te ich mich auch, zum Teufel, mit diesem M;del einlassen!« murmelte er vor sich hin … Und dabei war es doch so leicht, in diesem Augenblick das Herz Maschas zu r;hren! Was der ungew;hnliche, wenn auch sonderbare Mensch, f;r den sie Lutschkow hielt, auch sagen mochte, sie w;rde alles verstehen, alles verzeihen und alles glauben … Doch dieses schwere, dumme Schweigen! Tr;nen des Ärgers traten ihr in die Augen.

Wenn er sich nicht erkl;ren will, wenn ich sein Vertrauen wirklich nicht verdiene, warum kommt er dann noch zu uns? Oder verstehe ich blo; nicht, ihn zu zwingen, sich auszusprechen? … Und sie wandte sich um und blickte ihn so fragend, so durchdringend an, da; er diesen Blick nicht mi;verstehen und nicht l;nger schweigen konnte.

»Marja Ssergejewna«, begann er stotternd. »Ich … ich habe … ich mu; Ihnen etwas sagen.«

»Sprechen Sie«, entgegnete Mascha schnell.

Lutschkow sah sich unschl;ssig um.

»Jetzt kann ich nicht …«

»Warum denn?«

»Ich m;chte mit Ihnen … unter vier Augen sprechen.«

»Wir sind jetzt doch unter vier Augen.«

»Doch hier … hier im Hause …«

Mascha wurde verlegen. Wenn ich es ihm abschlage, dachte sie sich, ist alles zu Ende … Die Neugier richtete Eva zugrunde.

»Ich bin einverstanden«, sagte sie schlie;lich.

»Wann denn? Und wo?«

Mascha atmete schnell und ungleichm;;ig.

»Morgen … abends. Kennen Sie das W;ldchen oberhalb der Langen Wiese?«

»Hinter der M;hle?«

Mascha nickte.

»Um welche Stunde?«

»Erwarten Sie mich …«

Sie konnte nichts mehr hervorbringen; ihre Stimme ri;, sie erbleichte und verlie; schnell das Zimmer.

Eine Viertelstunde sp;ter begleitete Herr Perekatow mit der ihm eigenen Freundlichkeit Lutschkow ins Vorzimmer, dr;ckte ihm mit Gef;hl die Hand und bat ihn, sein Haus »nicht zu vergessen«. Nachdem der Gast gegangen war, sagte er dem Diener sehr wichtig, da; es ihm gar nicht schaden w;rde, sich das Haar schneiden zu lassen, kehrte, ohne eine Antwort abzuwarten, mit besorgtem Gesicht in sein Zimmer zur;ck, setzte sich, mit dem gleichen besorgten Gesicht, aufs Sofa und versank sofort in seinen unschuldigen Schlaf.

»Du bist heute so bla;«, sagte Nenila Makarjewna zu ihrer Tochter am Abend dieses Tages. »Fehlt dir nichts?«

»Mir fehlt nichts, Mamachen.«

Nenila Makarjewna zupfte das T;chlein an ihrem Halse zurecht.

»Du bist sehr bla;; sieh mich mal an«, fuhr sie mit der m;tterlich besorgten Stimme fort, aus der immer auch ein elterliches Machtbewu;tsein klingt. »Auch deine Augen blicken gar nicht lustig. Dir fehlt was, Mascha.«

»Ich habe Kopfweh«, antwortete Mascha, nur um irgendwas zu sagen.

»Das hab’ ich mir auch gedacht.« Nenila Makarjewna legte ihre Hand auf Maschas Stirn. »Fieber hast du aber nicht.«

Mascha beugte sich und hob vom Boden irgendeinen Faden auf.

Die Arme Nenila Makarjewnas legten sich sanft um Maschas feine Taille.

»Mir scheint, du willst mir etwas sagen«, sagte sie freundlich, ohne die Umarmung zu l;sen.

Mascha fuhr innerlich zusammen.

»Ich? Nein, Mamachen.«

Die pl;tzliche Befangenheit Maschas entging nicht dem m;tterlichen Blick.

»Nein, wirklich, du willst mir was sagen … Denk mal nach.«

Mascha hatte sich aber schon gefa;t und k;;te, statt eine Antwort zu geben, der Mutter lachend die Hand.

»Hast du mir wirklich nichts zu sagen?«

»Aber wirklich nichts.«

»Ich glaube dir«, versetzte Nenila Makarjewna nach kurzem Schweigen. »Ich wei;, du hast keine Geheimnisse vor mir … Nicht wahr?«

»Gewi;, Mamachen.«

Mascha mu;te jedoch leicht err;ten.

»Das ist recht. Es w;re auch S;nde, wenn du vor mir etwas verheimlichtest … Du wei;t ja, wie sehr ich dich liebe, Mascha.«

»O ja, Mamachen!«

Und Mascha schmiegte sich an sie.

»Nun ist’s genug.« Nenila Makarjewna ging einmal durchs Zimmer. »Sag mir mal«, fuhr sie mit der Stimme eines Menschen fort, der f;hlt, da; seine Frage keine besondere Bedeutung hat, »wor;ber hast du heute mit Awdej Iwanowitsch gesprochen?«

»Mit Awdej Iwanowitsch?« wiederholte Mascha ruhig. »Über alles m;gliche …«

»Nun, gef;llt er dir?«

»Gewi;, er gef;llt mir wohl.«

»Wei;t du noch, wie du ihn unbedingt kennenlernen wolltest, wie aufgeregt du warst?«

Mascha wandte sich ab und lachte.

»Wie sonderbar ist er doch!« versetzte Nenila Makarjewna gutm;tig.

Mascha wollte f;r Lutschkow eintreten, bi; sich aber in ihre kleine Zunge.

»Ja, gewi;«, sagte sie gleichg;ltig. »Er ist ein Sonderling, doch ein guter Mensch!«

»Oh, ja! … Warum ist Fjodor Fjodorowitsch nicht gekommen?«

»Er scheint unwohl zu sein. Ach ja! Es f;llt mir gerade ein: Fjodor Fjodorowitsch will mir einen kleinen Hund schenken. Wirst du es mir erlauben?«

»Was denn? Sein Geschenk anzunehmen?«

»Ja.«

»Nat;rlich.«

»Ich danke!« sagte Mascha. »Ich danke dir!«

Nenila Makarjewna ging zur T;r und kehrte pl;tzlich um.

»Erinnerst du dich noch an dein Versprechen, Mascha?«

»An welches denn?«

»Du versprachst, mir zu sagen, wenn du dich verliebst.«

»Ich erinnere mich.«

»Nun und? … Ist noch nicht die Zeit?« Mascha brach in schallendes Gel;chter aus. »Sieh mir mal in die Augen.«

Mascha sah ihre Mutter heiter und tapfer an.

Es kann nicht sein, dachte sich Nenila Makarjewna und beruhigte sich. Wie sollte sie mich betr;gen! Wie konnte mir das einfallen? … Sie ist ja noch ein Kind.

Sie ging hinaus.

Es ist aber S;nde, dachte sich Mascha.

Kap. 6

Kister lag schon zu Bett, als Lutschkow zu ihm ins Zimmer trat. Das Gesicht des Kampfhahns dr;ckte niemals ein einziges Gef;hl aus, so auch jetzt: geheuchelte Gleichg;ltigkeit, rohe Freude, Bewu;tsein seiner Überlegenheit. Seine Z;ge spiegelten eine Menge verschiedener Gef;hle wider.

»Nun, was gibt’s?« fragte ihn Kister ungeduldig.

»Was soll’s geben! Ich war dort. Sie lassen dich gr;;en.«

»Nun, geht es ihnen allen gut?«

»Was soll ihnen fehlen?«

»Haben sie gefragt, warum ich nicht gekommen bin?«

»Ich glaube, ja.«

Lutschkow blickte auf die Decke und sang etwas, doch falsch. Kister senkte die Augen und wurde nachdenklich.

»Da hat man es«, sagte Lutschkow mit heiserer, schneidender

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nicht mit einem freiwilligen Gest;ndnis beunruhigt hatte. Awdej ;bernahm es, vor dem Mittagessen ein junges, noch nicht zugerittenes Pferd zu besteigen; so tolle Spr;nge es auch machte, er b;ndigte es