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Der Duellant

Stimme. »Du bist ein kluger Mensch, ein gebildeter Mensch, und doch redest auch du, mit Verlaub zu sagen, zuweilen Unsinn.«

»Wieso?«

»Nun, zum Beispiel ;ber die Frauen. Du stellst sie ;ber alles! Du dichtest sie an! Sie alle sind f;r dich Engel … Das sind mir nette Engel!«

»Ich liebe und achte die Frauen, aber …«

»Ja, gewi;, gewi;«, unterbrach ihn Awdej. »Ich streite nicht mit dir. Wie soll ich es auch! Ich bin nat;rlich ein einfacher Mensch.«

»Ich wollte sagen, da; … Warum hast du aber gerade heute, gerade jetzt die Rede auf die Frauen gebracht?«

»So!« Awdej l;chelte bedeutungsvoll. »So!«

Kister sah seinen Freund durchdringend an. Er glaubte (die reine Seele!), da; Mascha ihn schlecht behandelt habe. Vielleicht hatte sie ihn auch gequ;lt, wie es nur die Frauen verstehen, einen Menschen zu qu;len.

»Du bist betr;bt, mein armer Awdej, gestehe es!«

Lutschkow lachte.

»Nun, ich glaube, ich habe keinen Grund, betr;bt zu sein«, sagte er langsam, sich selbstgef;llig den Schnurrbart streichend. »Nein, siehst du, Fedja«, fuhr er belehrend fort, »ich wollte dir nur sagen, da; du dich in den Frauen t;uschst, mein Freund. Glaube es mir, Fedja, sie sind alle gleich. Man braucht sich nur ein wenig zu bem;hen, ein wenig zu scharwenzeln, und die Sache ist gemacht. Zum Beispiel diese Mascha Perekatowa …«

»Nun?«

Lutschkow klopfte mit dem Absatz auf den Boden und sch;ttelte den Kopf.

»Ich glaube, an mir ist doch nichts Besonderes und Anziehendes, nicht wahr? Ich glaube, nichts. Es ist doch nichts an mir? Und doch bin ich f;r morgen zu einem Rendezvous bestellt.«

Kister richtete sich auf, st;tzte sich auf einen Ellenbogen und blickte Lutschkow erstaunt an.

»Abends, im W;ldchen …« fuhr Awdej Iwanowitsch ruhig fort. »Denk dir aber nichts dabei. Ich gehe nur so hin. Wei;t du, es ist so langweilig. Das M;del ist recht h;bsch … ich denke mir: Was kann das schaden? Heiraten werde ich sie doch nicht, will nur meine Jugend wieder aufleben lassen. Ich mag mich nicht mit Weibern abgeben, aber so einem M;del mach ich gerne das Vergn;gen. Wir wollen zusammen die Nachtigallen h;ren. Eigentlich w;re das was f;r dich, aber diese Weiber haben gar keine Augen. Was bin ich gegen dich?«

Lutschkow sprach noch lange. Kister h;rte ihm aber nicht zu. Der Kopf schwindelte ihm. Er erbleichte und fuhr sich mit der Hand ;bers Gesicht. Lutschkow wiegte sich im Sessel, kniff die Augen zusammen, streckte sich und erstickte schier vor Freude, weil er die Erregung Kisters der Eifersucht zuschrieb. Es war aber nicht Eifersucht, was Kister qu;lte: Nicht das Gest;ndnis hatte ihn verletzt, sondern die rohe Geringsch;tzung Awdejs, seine gleichg;ltige und ver;chtliche Äu;erung ;ber Mascha. Er sah den Kampfhahn durchdringend an, und es war ihm, als h;tte er zum erstenmal seine Z;ge richtig durchschaut. Darum hatte er sich also so bem;ht! Dazu hatte er seine eigene Neigung geopfert! Das war die segensreiche Wirkung der Liebe!

»Awdej … liebst du sie denn nicht?« murmelte er schlie;lich.

»Oh, Unschuld! Oh, Arkadien!« entgegnete Awdej mit boshaftem Lachen.

Der gute Kister gab auch jetzt noch nicht nach: Er glaubte, da; Awdej vielleicht nur aus Gewohnheit so boshaft Theater spiele. Er hatte noch keine neuen Worte f;r seine neuen Empfindungen gefunden. Und steckt nicht in ihm selbst, in Kister, hinter dieser Entr;stung vielleicht auch noch ein anderes Gef;hl? Vielleicht hatte ihn das Gest;ndnis Lutschkows nur darum so unangenehm ber;hrt, weil es sich um Mascha handelte? Wer kann das wissen, vielleicht ist Lutschkow in sie wirklich verliebt …? Doch nein, tausendmal nein! Dieser Mensch und verliebt. Abscheulich ist dieser Mensch mit seinem galligen, gelben Gesicht, mit seinen krampfhaften, katzenartigen Bewegungen, mit dem vor Freude gebl;hten Hals … abscheulich! Nein, mit ganz anderen Worten w;rde er, Kister, einem treuen Freunde das Geheimnis seiner Liebe mitteilen. In ;berflie;ender Freude, mit stummem Entz;cken, mit Tr;nen in den Augen w;rde er sich an seine Brust schmiegen.

»Nun, Bruder?« sagte Awdej. »Hast es doch nicht erwartet, gestehe nur! Und jetzt ;rgerst du dich? Wie? Beneidest mich? Gestehe doch, Fedja! Wie? Ich habe dir das M;del doch vor der Nase weggeschnappt!«

Kister wollte ihm alles sagen, wandte sich aber mit dem Gesicht zur Wand. »Mich aussprechen? Vor ihm? Um nichts in der Welt!« fl;sterte er vor sich hin. »Er versteht mich nicht. Gut! Er schreibt mir lauter schlechte Beweggr;nde zu, soll er nur!«

Awdej erhob sich.

»Ich sehe, du willst schlafen«, sagte er mit geheuchelter Teilnahme. »Ich will nicht st;ren. Schlaf wohl, mein Freund … schlaf!«

Und Lutschkow ging, ;ber die Ma;en mit sich zufrieden.

Kister konnte bis zum Tagesanbruch nicht einschlafen. Mit fieberhaftem Trotz gr;belte er immer ;ber denselben Gedanken – eine Besch;ftigung, die den ungl;cklich Verliebten nur zu gut bekannt ist; sie wirkt auf die Seele wie ein Blasebalg auf glimmende Kohlen.

Und wenn Lutschkow gegen sie auch gleichg;ltig ist, dachte er sich, wenn sie sich ihm selbst an den Hals geworfen hat, so durfte er doch nicht zu mir, zu seinem Freund, so unehrerbietig, so verletzend von ihr sprechen! Was hat sie verbrochen? Wie, hat man nicht mit so einem armen, unerfahrenen jungen M;dchen Mitleid?

Hat sie ihm aber wirklich ein Stelldichein gew;hrt? Ja, es wird wohl so sein. Awdej l;gt nicht, er l;gt niemals. Vielleicht ist es aber nur so eine Laune von ihr.

Sie kennt ihn aber nicht. Er ist vielleicht imstande, sie zu beleidigen. Nach dem heutigen Abend will ich f;r nichts b;rgen.

Haben Sie ihn, Herr Kister, nicht selbst gelobt und gepriesen? Haben Sie nicht selbst ihre Neugierde geweckt? … Wer konnte es aber wissen? Wer konnte es voraussehen?

Was voraussehen? Hatte er denn aufgeh;rt, mein Freund zu sein? Ja, war er denn ;berhaupt je mein Freund? Diese Entt;uschung! Diese Lektion!

Alles Vergangene drehte sich vor den Augen Kisters wie im Wirbel. »Ja, ich habe ihn geliebt«, fl;sterte er endlich. »Warum habe ich ihn zu lieben aufgeh;rt? So schnell? Liebe ich ihn denn nicht mehr? Nein, warum habe ich ihn liebgewonnen? Ich allein?«

Das liebende Herz Kisters hing eben darum an Awdej, weil alle anderen ihn mieden. Doch der gute junge Mann wu;te selbst nicht, wie gro; seine G;te war.

»Meine Pflicht ist«, fuhr er fort, »Marja Ssergejewna zu warnen. Doch wie? Welch ein Recht habe ich, mich in fremde Angelegenheiten, in eine fremde Liebe einzumischen? Woher kann ich wissen, wie diese Liebe geartet ist? Vielleicht ist auch in Lutschkow selbst … Nein! Nein!« sagte er laut, ge;rgert, beinahe weinend, indem er seine Kopfkissen zurechtr;ckte. »Dieser Mensch ist wie Stein.«

Ich bin selbst schuld. Ich habe einen Freund verloren … Ein netter Freund! Auch sie ist nett! Was bin ich doch f;r ein abscheulicher Egoist! Nein, nein! Aus tiefster Seele w;nsche ich ihnen Gl;ck … Gl;ck! Er macht sich doch ;ber sie lustig! Und warum f;rbt er sich den Schnurrbart? Ich glaube wirklich … Ach, wie bin ich doch l;cherlich! sagte er sich im Einschlafen.

Kap. 7

Kister fuhr am anderen Morgen zu den Perekatows. Er bemerkte gleich auf den ersten Blick eine gro;e Ver;nderung in Mascha und sie in ihm; doch beide sagten davon kein Wort. Den ganzen Morgen f;hlten sie sich beide, ganz gegen ihre Gewohnheit, befangen. Kister hatte sich zu Hause eine Menge doppelsinniger S;tze und Andeutungen und freundschaftlicher Ratschl;ge zurechtgelegt, doch alle diese Vorbereitungen erwiesen sich als vollkommen unn;tz. Mascha f;hlte dunkel, da; Kister sie beobachtete. Es kam ihr vor, als spreche er manche Worte mit besonderer Betonung. Weil sie sich aber erregt f;hlte, traute sie nicht recht ihren Wahrnehmungen. – Da; es ihm nur nicht einf;llt, bis zum Abend hierzubleiben! dachte sie sich fortw;hrend und versuchte, auch ihm zu verstehen zu geben, da; er hier ;berfl;ssig sei. Kister fa;te seinerseits ihre Unruhe, ihre Befangenheit als sichere Beweise f;r ihre Verliebtheit auf, und je mehr er f;r sie f;rchtete, um so weniger konnte er sich entschlie;en, die Rede auf Lutschkow zu bringen; auch Mascha vermied es hartn;ckig, von ihm zu sprechen. Der arme Fjodor Fjodorowitsch hatte es sehr schwer. Endlich fing er an, seine eigenen Gef;hle zu verstehen. Noch nie hatte ihm Mascha besser gefallen. Offenbar hatte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Ihr blasses Gesicht zeigte einzelne r;tliche Flecken, sie hielt sich leicht geb;ckt; ein ungewolltes, mattes L;cheln wich nicht von ihren Lippen. Ab und zu lief ein Zittern ;ber ihre blassen Schultern, ihre Blicke entz;ndeten sich langsam und erloschen schnell wieder.

Nenila Makarjewna setzte sich zu den beiden und brachte, vielleicht mit Absicht, die Rede auf Awdej Iwanowitsch. Mascha wappnete sich aber in Gegenwart der Mutter, jusqu’aux dents, wie die Franzosen sagen, und verriet sich durch keine Silbe. So verging der ganze Morgen.

»Sie essen doch bei uns zu Mittag?« fragte Nenila Makarjewna Kister.

Mascha wandte sich weg.

»Nein«, antwortete Kister eilig mit einem Blick auf Mascha. »Sie m;ssen mich entschuldigen … dienstliche Pflichten.«

Nenila Makarjewna ;u;erte, wie ;blich, ihr Bedauern; gleich nach ihr ;u;erte auch Herr Perekatow etwas. »Ich will niemand st;ren«, wollte Kister Mascha im Vorbeigehen sagen; er beugte sich aber vor und fl;sterte ihr statt dessen zu: »Seien Sie gl;cklich. Leben Sie wohl. Nehmen Sie sich in acht!« und verschwand.

Mascha atmete erleichtert auf; sein Weggehen machte ihr aber bald Angst. Was qu;lte sie? Liebe oder Neugier? Das wei; Gott allein; wir wiederholen nur: Die Neugierde allein gen;gte, um Eva zugrunde zu richten.

Kap. 8

»Lange Wiese« hie; ein breites, flaches Feld auf dem rechten Ufer des Fl;;chens Snjeschinka, eine Werst vom Gute der Perekatows entfernt. Das linke, mit jungem dichtem Eichenwald bedeckte Ufer erhob sich steil ;ber dem Fl;;chen, das fast ganz mit Schilf bewachsen war und nur hie und da kleine freie Buchten hatte, in denen sich Wildenten aufhielten. Eine halbe Werst hinter dem Fl;;chen, rechts von der »Langen Wiese«, waren runde, wellige H;gel, auf denen sich hie und da alte Birken, Hasel- und Ma;holderb;sche erhoben.

Die Sonne ging eben unter. Die M;hle rauschte und klapperte in der Ferne, bald lauter, bald leiser, je nach dem Wind. Auf der Wiese weideten tr;ge die herrschaftlichen Pferde.

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Stimme. »Du bist ein kluger Mensch, ein gebildeter Mensch, und doch redest auch du, mit Verlaub zu sagen, zuweilen Unsinn.« »Wieso?« »Nun, zum Beispiel ;ber die Frauen. Du stellst sie