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Klara Militsch

Klara Militsch. Иван Сергеевич Тургенев

I

Im Fr;hjahr 1878 lebte zu Moskau in einem kleinen h;lzernen H;uschen in der Schabolowka-Vorstadt ein junger Mann von etwa f;nfundzwanzig Jahren, namens Jakow Aratow. Mit ihm wohnte seine Tante, Platonida Iwanowna, die Schwester seines Vaters, eine alte Jungfer von einigen und f;nfzig Jahren. Sie besorgte den Haushalt und verwaltete seine Kasse, wozu Aratow selbst nicht das geringste Talent besa;. Andere Verwandte hatte er nicht. Sein Vater, ein nicht sonderlich reicher Edelmann aus dem T-schen Gouvernement, war vor einigen Jahren mit ihm und mit Platonida Iwanowna, die er ;brigens immer Platoscha nannte, nach Moskau ;bersiedelt; auch der Neffe nannte sie nicht anders. Der alte Aratow hatte sein Gut, auf dem er bis dahin st;ndig gelebt hatte, verlassen, um seinen Sohn, dem er den ersten Unterricht selbst erteilt hatte, in die Moskauer Universit;t zu geben. Er kaufte sich halb umsonst ein H;uschen in einer der entlegeneren Stra;en und richtete sich darin mit allen seinen B;chern und »Pr;paraten« ein. Von denen hatte er aber eine ganze Menge, denn er war ein Mann, dem die Gelehrsamkeit nicht fremd war, oder ein »geborener Kauz«, wie sich die Nachbarn ausdr;ckten. Sie hielten ihn sogar f;r einen Zauberer und nannten ihn scherzweise »Insektenbeobachter«. Er befa;te sich mit Chemie, Mineralogie, Entomologie, Botanik und Medizin und behandelte freiwillige Patienten mit Kr;utern und Metallpulvern eigener Erfindung nach der Methode des Paracelsus. Mit diesen selben Pulvern hatte er seine h;bsche, junge, aber gar zu schm;chtige Frau, die er leidenschaftlich liebte und von der er den einzigen Sohn hatte, ins Grab gebracht. Mit den gleichen Metallpulvern ruinierte er auch die Gesundheit des Sohnes, w;hrend seine Absicht war, sie zu kr;ftigen, da er in Jakows Organismus eine von der Mutter ererbte An;mie und Neigung zu Schwindsucht gefunden zu haben glaubte. Den Spitznamen »Zauberer« verdankte er unter anderm auch dem Umstande, da; er sich f;r einen Urenkel – nat;rlich nicht in gerader Linie – des ber;hmten Bruce ausgab, dem zu Ehren er seinen Sohn Jakow getauft hatte. Er war, was man so nennt, eine Seele von einem Menschen, hatte aber ein melancholisches, sch;chternes und schwerf;lliges Temperament und eine Neigung f;r alles Geheimnisvolle und Mystische. Ein gefl;stertes »Ah!« war seine gew;hnliche Interjektion; mit diesem »Ah«! auf den Lippen gab er auch, zwei Jahre nach seiner ;bersiedlung nach Moskau, den Geist auf.

Sein Sohn Jakow hatte keine #196;hnlichkeit mit dem Vater, der unsch;n, plump und ungelenk gewesen war; er erinnerte eher an die Mutter. Er hatte ihre feinen, anmutigen Z;ge, ihre weichen, aschgrauen Haare, die gleiche geschwungene Nase, die gleichen vollen kindlichen Lippen und gro;en gr;nlichgrauen, etwas verschleierten Augen unter dichten Wimpern. Im Charakter glich er daf;r mehr dem Vater; und sein Gesicht, das dem des Vaters sonst un;hnlich war, zeigte doch dessen Ausdruck. Er hatte auch die knotigen Arme und die eingefallene Brust des alten Aratows, den man ;brigens kaum alt nennen darf, da er, als er starb, noch nicht F;nfzig war. Jakow war noch bei Lebzeiten des Vaters auf die Universit;t, und zwar auf die physikalisch-mathematische Fakult;t, gekommen, aber noch vor Abschlu; des Studiums wieder ausgetreten: nicht etwa aus Faulheit, sondern weil er der Ansicht war, da; man zu Hause ebensoviel lernen k;nne wie auf der Universit;t; ein Diplom brauchte er nicht, da er nicht die Absicht hatte, die Beamtenkarriere einzuschlagen. Er hielt sich von seinen Kollegen fern, machte fast keine Bekanntschaften, ging allen Menschen, besonders aber den Frauen, aus dem Wege und lebte sehr zur;ckgezogen, fast immer in seine B;cher vertieft. Er hatte eine Scheu vor den Frauen, obwohl sein Herz empfindsam war und sich leicht f;r alles Sch;ne begeisterte. Er schaffte sich sogar ein teures englisches Bilderwerk an und weidete sich (o diese Schande!) am Anblick der darin dargestellten weiblichen Sch;nheiten… Von allen anderen Schritten hielt ihn aber seine angeborene Schamhaftigkeit zur;ck. Er bewohnte das gro;e Arbeitszimmer seines Vaters, das ihm zugleich auch als Schlafzimmer diente; er schlief auch in demselben Bett, in dem sein Vater gestorben war.

Die wichtigste St;tze seines ganzen Seins, sein unersetzlicher Genosse und Freund war seine Tante, jene selbe Platoscha, mit der er kaum mehr als zehn Worte am Tag wechselte, ohne die er aber keinen Schritt tun konnte. Sie war ein Gesch;pf mit langen Z;hnen und farblosen Augen im langen, blassen Gesicht, das immer den gleichen halb traurigen, halb erschrockenen Ausdruck bewahrte. Immer mit einem grauen Kleid und einem grauen Schal, der nach Kampfer roch, angetan, schlich sie mit unh;rbaren Schlitten wie ein Schatten durch das Haus, seufzte, fl;sterte Gebete – mit besonderer Vorliebe eines, das nur aus zwei Worten bestand: »Gott hilf!« – und f;hrte mit au;erordentlicher T;chtigkeit die Wirtschaft, sparte, wo sie nur konnte, und besorgte selbst alle Eink;ufe. Ihren Neffen verg;tterte sie. Sie war stets nur um seine Gesundheit besorgt und sah ;berall Gefahren f;r ihn; und wenn ihr auch nur das Geringste vorkam, schlich sie leise in sein Zimmer, stellte vor ihn auf den Schreibtisch eine Tasse Brusttee oder streichelte ihm mit ihren H;nden, die so weich wie Watte waren, den R;cken. Jakow empfand diese ewige Besorgtheit um sein Wohlergehen gar nicht als Last, den Brusttee trank er aber nicht und nickte nur anerkennend mit dem Kopfe. Er konnte sich ;brigens wirklich keiner besonders kr;ftigen Konstitution r;hmen. Er war leicht erregbar, nerv;s, hypochondrisch und litt an Herzklopfen, zuweilen auch an Atemnot. Gleich seinem Vater glaubte er daran, da; es in der Natur und in der Menschenseele Geheimnisse gebe, die man zuweilen ahnen, doch niemals ergr;nden k;nne. Er glaubte an die Existenz gewisser manchmal wohlt;tiger, meistens aber feindseliger Kr;fte und Str;mungen; glaubte auch an die Wissenschaft, an ihre W;rde und Bedeutung. In der letzten Zeit befa;te er sich leidenschaftlich mit Photographie. Der Geruch der dabei verwendeten Chemikalien erf;llte die alte Tante mit gro;er Sorge; diese Sorge galt aber nicht ihr selbst, sondern nur Jascha und seiner schwachen Brust. So mild sein Charakter war, so konnte er zuweilen auch recht eigensinnig sein. Mit solchem Eigensinn setzte er auch die Besch;ftigung, an der er soviel Gefallen gefunden, fort. Platoscha f;gte sich dem, seufzte aber noch mehr als fr;her und fl;sterte immer ;fter das Gebet: »Gott hilf!«, wenn sie seine mit Jod gef;rbten Finger sah.

Jakow hielt sich, wie gesagt, von allen Kollegen abseits; einem von ihnen aber schlo; er sich recht eng an und setzte den Verkehr mit ihm sogar dann fort, als der bereits die Universit;t verlassen und eine Stellung, die ihm ;brigens wenig Verpflichtungen auferlegte, angenommen hatte: Er »klebte«, wie er sich selbst ausdr;ckte, am Bau der Moskauer Erl;serkathedrale, ohne nat;rlich auch das geringste von Architektur zu verstehen. Es war sehr seltsam: Dieser einzige Freund Aratows, namens Kupfer, ein Deutscher, der aber so sehr verru;t war, da; er keinen Ton Deutsch verstand und sogar das Wort »Deutscher« als Schimpfwort gebrauchte – dieser Freund schien mit Aratow nicht das geringste gemein zu haben. Er war ein schwarzlockiger und rotbackiger, lustiger und redseliger Bursche und gro;er Liebhaber der Damengesellschaft, der Aratow so sorgsam aus dem Wege ging. Kupfer fr;hst;ckte allerdings bei ihm oft, a; bei ihm zu Mittag und lie; sich von ihm manchmal – da er selbst wenig bemittelt war – mit kleineren Summen aushelfen; das war aber noch nicht der Grund daf;r, da; der lebhafte junge Deutsche so oft und so gerne in das gem;tliche H;uschen in der Schabolowka-Vorstadt einkehrte. Es war wohl die seelische Reinheit, der »Idealismus« Aratows, was ihn anzog, vielleicht als Gegensatz zu den Dingen, die er t;glich sah und erlebte; vielleicht ;u;erte sich auch in dieser Vorliebe f;r den ideell veranlagten jungen Mann seine deutsche Natur. Jakow aber hatte Freude an der gutm;tigen Offenherzigkeit Kupfers. Au;erdem interessierten den jungen Einsiedler seine Berichte von den Theatern, Konzerten, B;llen und der ganzen ihm fremden Welt, in der Kupfer heimisch war und in die Aratow sich nicht entschlie;en konnte einzudringen; all das regte ihn sogar auf, ohne in ihm ;brigens den Wunsch zu wecken, diese Dinge aus eigener Anschauung kennenzulernen. Auch Tante Platoscha war dem Kupfer wohl gesinnt. Sie fand zwar sein Benehmen manchmal gar zu ungezwungen, f;hlte aber instinktiv, da; Kupfer aufrichtig an ihrem geliebten Jascha hing und duldete daher nicht nur den ger;uschvollen Gast in ihrer Wohnung, sondern war ihm auch gewogen.

II

Um die Zeit, von der hier die Rede ist, lebte in Moskau eine verwitwete georgische F;rstin, eine etwas fragw;rdige, beinahe verd;chtige Person. Sie stand in den Vierzigern und war wohl in ihrer Jugend von jener eigent;mlichen orientalischen Sch;nheit gewesen, die so schnell verwelkt: Jetzt puderte und schminkte sie sich und f;rbte sich die Haare gelb. ;ber sie waren allerlei nicht sehr vorteilhafte, etwas unklare Ger;chte im Umlauf; ihren verstorbenen Mann hatte niemand gekannt, auch hatte sie sich in keiner Stadt l;ngere Zeit aufgehalten. Sie hatte weder Kinder noch ein Verm;gen; aber sie lebte – anscheinend auf Kredit oder sonst irgendwie – auf ziemlich gro;em Fu;e, unterhielt einen sogenannten Salon und empfing eine recht gemischte Gesellschaft, die vorwiegend aus jungen Leuten bestand. Alles in ihrem Hause – angefangen von ihren Toiletten, M;beln und K;che bis zur Equipage und Dienerschaft – schien irgendwie unecht, provisorisch und von zweiter G;te; doch die F;rstin und ihre G;ste stellten anscheinend keine h;heren Anspr;che. Die F;rstin galt als Liebhaberin von Musik und Literatur und als Besch;tzerin der K;nstler und Schauspieler. F;r diese Dinge hatte sie ein wirkliches, an Begeisterung grenzendes und durchaus nicht erheucheltes Interesse. In ihr pulsierte zweifellos eine k;nstlerische Ader. Au;erdem hatte sie ein freundliches, angenehmes Wesen, gab sich einfach und ungek;nstelt und war – was die wenigsten merkten – auch recht gutm;tig, weichherzig und nachsichtig… Das sind ja Eigenschaften, die bei Personen dieser Art selten anzutreffen sind und um so h;her gesch;tzt werden sollten. »Das Frauenzimmer ist zwar nichts wert«, sagte von ihr einmal ein geistreicher Herr, »wird aber unbedingt ins

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