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Klara Militsch

wieder.

»Also will ich dich sehen!« schreit er auf und springt aus dem Bett.

Einige Augenblicke stand er unbeweglich mit den blo;en F;;en auf dem kalten Fu;boden. Seine Blicke schweiften umher, seine Lippen fl;sterten: »Wo denn? Wo?«

Nichts zu sehen und nichts zu h;ren.

Er sah sich um und merkte, da; das schwache Licht, das das Zimmer erf;llte, von einem Nachtlicht kam, das, mit einem Blatt Papier verdeckt, in der Ecke stand: Platoscha hatte es wohl, als er schlief, hingestellt. Er sp;rte auch den Geruch von Weihrauch; auch das war wohl ihr Werk.

Er zog sich schnell an. Noch l;nger im Bett zu bleiben und einzuschlafen war undenkbar. Er blieb mitten im Zimmer stehen und kreuzte die Arme.

Er f;hlte die Anwesenheit Klaras st;rker als je.

Und nun begann er nicht laut, aber langsam und feierlich, wie man Beschw;rungsformeln spricht: »Klara, wenn du wirklich hier bist, wenn du mich siehst, wenn du mich h;rst, so erscheine! Wenn du verstehst, wie bitter ich es bereue, da; ich dich nicht verstanden und dich zur;ckgewiesen habe, so erscheine! Wenn das, was ich h;rte, wirklich deine Stimme war, wenn das Gef;hl, das mich ergriffen, Liebe ist; wenn du jetzt ;berzeugt bist, da; ich, der ich bisher noch kein einziges Weib geliebt und erkannt habe, dich liebe; wenn du wei;t, da; ich nach deinem Tode in leidenschaftlicher, un;berwindlicher Liebe zu dir entflammt bin; wenn du nicht willst, da; ich wahnsinnig werde – so erscheine, Klara!«

Aratow hatte das letzte Wort noch nicht gesprochen, als er pl;tzlich f;hlte, wie jemand von r;ckw;rts schnell auf ihn zuging – wie damals auf dem Boulevard – und ihm eine Hand auf die Schulter legte. Er wandte sich um und sah niemand. Aber das Gef;hl ihrer N;he wurde so deutlich, so zweifellos, da; er sich noch einmal umsah.

Was ist das?! In seinem Sessel, zwei Schritte vor ihm, sitzt ein weibliches Wesen, ganz in Schwarz. Der Kopf ist zur Seite geneigt, wie im Stereoskop. Das ist sie! Das ist Klara! Doch welch ein strenges, trauriges Gesicht!

Aratow sank langsam in die Knie. Ja, er hatte damals recht gehabt: Er empfand jetzt weder Entsetzen noch Freude, nicht einmal Erstaunen. Sein Herz begann sogar langsamer zu schlagen. Er hatte nur ein Gef;hl, nur ein Bewu;tsein: Endlich! Endlich!

»Klara«, begann er mit schwacher, doch gleichm;;iger Stimme, »warum siehst du mich nicht an? Ich wei; ja, da; du es bist. Ich k;nnte mir aber auch denken, da; meine Einbildungskraft ein Bild geschaffen hat, das jenem (er zeigte mit der Hand auf das Stereoskop) ;hnlich ist. Beweise mir, da; du es bist. Wende dich zu mir um, sieh mich an, Klara!«

Klara hob langsam die Hand und lie; sie wieder sinken.

»Klara, Klara, wende dich zu mir um!«

Und Klara wandte langsam den Kopf zu ihm, die gesenkten Lider hoben sich, und die dunklen Pupillen hefteten sich auf Aratow.

Er wich etwas zur;ck und hauchte gedehnt und zitternd: »Ah!«

Klara sah ihn unverwandt an, aber ihre Augen, ihre Z;ge bewahrten den fr;heren nachdenklich strengen, beinahe unzufriedenen Ausdruck. Diesen Ausdruck hatte sie damals bei der literarischen Matinee auf dem Podium, ehe sie Aratow erblickte. Und ebenso wie damals err;tete sie pl;tzlich, ihr Gesicht belebte sich, der Blick leuchtete auf, und die Lippen ;ffneten sich in einem freudigen, sieghaften L;cheln.

»Du hast mir vergeben!« rief Aratow aus. »Du hast gesiegt. Nimm mich hin! Ich bin dein, und du bist mein!«

Er st;rzte zu ihr hin, er wollte sie auf die l;chelnden sieghaften Lippen k;ssen – und er k;;te sie auch, er f;hlte ihre hei;e Ber;hrung, er f;hlte sogar die feuchte K;hle ihrer Z;hne – und im halbdunklen Zimmer erklang ein Schrei der Verz;ckung.

Platonida Iwanowna, die sofort herbeist;rzte, fand ihn in einer Ohnmacht. Er kniete auf dem Boden, sein Kopf ruhte auf dem Sessel, die ausgestreckten Arme hingen kraftlos herab, das bleiche Gesicht atmete unendliches berauschendes Gl;ck.

Platonida Iwanowna sank neben ihm hin, umarmte ihn und begann zu stammeln: »Jascha, Jascha!« Sie versuchte ihn mit ihren knochigen Armen aufzuheben. Er r;hrte sich nicht. Piatonida Iwanowna begann nun mit unmenschlicher Stimme zu schreien, und die Dienstmagd lief herbei. Sie hoben ihn mit vereinten Kr;ften auf, setzten ihn in den Sessel und begannen ihn mit geweihtem Wasser zu besprengen.

Er kam zu sich. Alle Fragen der Tante beantwortete er nur mit einem L;cheln. Er sah so selig und gl;cksvergessen aus, da; sie noch mehr erschrak und bald ihn, bald sich bekreuzigte.

Aratow schob schlie;lich ihre Hand zur Seite und fragte mit dem gleichen seligen Gesichtsausdruck: »Platoscha, was ist mit Ihnen los?«

»Was ist mit dir los, Jascha?«

»Was mit mir los ist? Ich bin gl;cklich – Ich bin gl;cklich, Platoscha, das ist mit mir los. Und jetzt will ich mich hinlegen und schlafen.«

Er wollte aufstehen, f;hlte aber eine solche Schw;che in den Beinen und im ganzen K;rper, da; er ohne Hilfe der Tante und der Magd gar nicht imstande war, sich auszuziehen und hinzulegen. Daf;r schlief er sehr schnell ein. Sein Gesicht behielt den gleichen seligen und verz;ckten Ausdruck, war aber sehr bleich.

XVIII

Als Platonida Iwanowna am n;chsten Morgen zu ihm hereinkam, war er noch immer im gleichen Zustand. Seine Schw;che war nicht vergangen, und er zog es vor, im Bett zu bleiben. Seine Bl;sse machte Platonida Iwanowna besondere Angst.

Gott, was ist denn das? fragte sie sich. Er hat keinen Tropfen Blut im Gesicht, will die Bouillon nicht mal versuchen, liegt da und l;chelt und behauptet dabei, da; ihm nichts fehle!

Er wies auch das Fr;hst;ck zur;ck.

»Was hast du denn, Jascha?« fragte sie ihn. »Willst du denn den ganzen Tag so liegen?«

»Warum auch nicht?« antwortete Aratow freundlich.

Auch dieser freundliche Ton gefiel Platonida Iwanowna nicht. Aratow hatte das Aussehen eines Menschen, der ein gro;es, f;r ihn sehr angenehmes Geheimnis erfahren hat, das er eifers;chtig f;r sich bewahrt. Er wartete auf die Nacht weniger mit Ungeduld als mit Neugier.

Was kommt nun weiter? fragte er sich. Was kann noch kommen?

Er staunte nicht mehr. Er zweifelte nicht mehr, da; er mit Klara verkehrte; er zweifelte auch nicht mehr, da; sie einander liebten. Was kann aber aus einer solchen Liebe herauskommen? Er erinnerte sich jenes Kusses, und ein wunderbarer Wonneschauer durchlief alle seine Glieder.

Einen solchen Ku; tauschten wohl Romeo und Julia aus! dachte er sich. Das n;chste Mal werde ich mich aber besser beherrschen. Ich werde sie besitzen. Sie wird mit einem Kranz kleiner Rosen auf den schwarzen Locken kommen…

Und weiter? Wir k;nnen doch nicht zusammenleben! Also mu; ich wohl sterben, um mit ihr zusammen zu sein? Kam sie vielleicht deswegen her, um mich so zu nehmen?

»Was ist denn dabei? Warum soll ich auch nicht sterben? Den Tod f;rchte ich jetzt gar nicht. Er kann mich doch nicht vernichten! Im Gegenteil, nur so und dort werde ich gl;cklich sein – wie ich im Leben niemals gl;cklich war und wie sie es auch niemals war. Wir sind ja beide unber;hrt! Oh, dieser Ku;!«

Platonida Iwanowna kam jeden Augenblick zu ihm herein; sie qu;lte ihn nicht mit Fragen, sondern sah ihn nur an, fl;sterte, seufzte und ging wieder hinaus. Nun wies er auch das Mittagessen zur;ck. Das war schon h;chst bedenklich. Die Alte wandte sich daher an ihren Bekannten, den Revierarzt, dem sie nur aus dem Grunde vertraute, weil er nicht trank und eine Deutsche zur Frau hatte. Aratow wunderte sich, als sie ihn zu ihm brachte; Platonida Iwanowna bat aber ihren Jascha so inst;ndig, Paramon Paramonytsch (so hie; der Arzt) zu erlauben, ihn zu untersuchen – und wenn auch nur ihr zuliebe! –, da; Aratow einwilligte. Paramon Paramonytsch bef;hlte seinen Puls, lie; sich die Zunge zeigen, stellte einige Fragen und erkl;rte schlie;lich, da; er ihn auskultieren m;sse. Aratow war so friedfertig gestimmt, da; er auch dies erlaubte. Der Arzt entbl;;te behutsam seine Brust, beklopfte sie vorsichtig, behorchte sie, murmelte etwas, verschrieb Tropfen und eine Mixtur und riet ihm, vor allen Dingen m;glichst Ruhe zu bewahren und alle Aufregungen von sich fernzuhalten.

Warum nicht gar! dachte sich Aratow, Du kommst zu sp;t damit, mein Bester!

»Was fehlt Jascha?« fragte Platonida Iwanowna, Paramon Paramonytsch an der Schwelle einen Dreirubelschein in die Hand dr;ckend.

Der Revierarzt, der wie alle modernen #196;rzte, besonders aber diejenigen, die eine Uniform tragen, gerne mit wissenschaftlichen Fachausdr;cken paradierte, erkl;rte ihr, da; ihr Neffe alle dioptrischen Symptome einer nerv;sen Kardialgie und auch etwas Febris habe.

»Sprich doch verst;ndlicher, V;terchen«, unterbrach ihn Platonida Iwanowna. »Mach mir mit deinem Latein keine Angst. Du bist ja nicht in der Apotheke!«

»Das Herz ist nicht in Ordnung«, erkl;rte der Arzt, »auch ist ein kleines Fieber da.« Und er wiederholte seinen Rat bez;glich der Ruhe und der Vermeidung von Aufregungen.

»Es ist doch nicht gef;hrlich?« fragte Platonida Iwanowna streng. (Pa; auf: Komm mir nicht wieder mit deinem Latein!)

»Vorl;ufig nicht!«

Der Arzt ging, und Platonida Iwanowna wurde sehr tr;bsinnig. Sie lie; die Arznei aus der Apotheke holen, die Aratow aber nicht einnahm. Er wies auch den Brusttee zur;ck.

»Warum beunruhigen Sie sich so?« fragte er sie. »Ich versichere Sie, ich bin jetzt der gl;cklichste und ges;ndeste Mensch auf Gottes Erden!«

Piatonida Iwanowna sch;ttelte nur den Kopf.

Gegen Abend hatte er etwas st;rkeres Fieber, bestand aber darauf, da; sie nicht bei ihm blieb, sondern in ihr Zimmer schlafen ging. Platonida Iwanowna f;gte sich, zog sich aber nicht aus und legte sich auch nicht hin; sie sa; in einem Sessel, horchte hinaus und fl;sterte ihr Gebet.

Sie begann gerade einzunicken, als ein entsetzlicher, durchdringender Schrei sie pl;tzlich weckte. Sie sprang auf, st;rzte zu Aratow ins Kabinett und fand ihn wie gestern auf dem Boden liegen.

Diesmal kam er aber nicht zu sich, wie sehr sie sich auch um ihn bem;hte. In derselben Nacht bekam er ein heftiges Fieber, zu dem sich eine Herzentz;ndung gesellte.

Nach einigen Tagen starb er.

Ein seltsamer Umstand begleitete seinen zweiten Ohnmachtsanfall. Als man ihn aufhob und ins Bett legte, fand man in seiner zusammengeballten Rechten eine Str;hne schwarzer Frauenhaare. Wo kamen diese Haare her? Anna Ssemjonowna besa;

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wieder. »Also will ich dich sehen!« schreit er auf und springt aus dem Bett. Einige Augenblicke stand er unbeweglich mit den blo;en F;;en auf dem kalten Fu;boden. Seine Blicke schweiften